2. Ressourcen Forum Schweiz an der Empa

Ressourcenwende als Chance für die Schweiz

26.10.2018 | KARIN WEINMANN

Am 25. Oktober fand die zweite Ausgabe des Ressourcen Forums Schweiz an der Empa-Akademie in Dübendorf statt. Die diesjährige Ausgabe des Forums stand unter dem Motto «Wissenschaft, Wirtschaft und Städte gemeinsam für mehr Ressourceneffizienz».

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Xaver Edelmann, ehemaliges Mitglied der Empa-Direktion und Vizepräsident des World Resources Forum (WRF), erklärt die Prinzipien einer Ressourceneffizienten Wirtschaft.

Die Schweizer Bevölkerung hat einen zu grossen ökologischen Fussabdruck: Wir stossen zu viel Kohlendioxid (CO2) aus, verschmutzen zu viel Wasser und verbrauchen zu viele Ressourcen. Laut einem neuen Bericht des Bundesamts für Umwelt (BAFU) sinkt zwar die Umweltbelastung pro Person hierzulande seit Mitte der 1990-er Jahre stetig – doch wir leben nach wie vor auf zu grossem Fuss: Würde jeder Mensch die Umwelt gleich stark belasten wie der Durchschnittschweizer, bräuchten wir mehr als drei Erden, um unseren Bedarf an Ressourcen zu decken.

Wie wir unseren Ressourcenverbrauch verringern können und welche Chance dies für die Schweiz bedeuten kann, war das Thema der diesjährigen Ausgabe des Ressourcen Forums Schweiz, das am 25. Oktober an der Empa in Dübendorf stattfand. Es ist klar: Ohne Einbezug aller Stakeholder ist dies nicht möglich. Demnach lautete auch der Titel des Forums «Wissenschaft, Wirtschaft und Städte gemeinsam für mehr Ressourceneffizienz».

Ressourceneffizienter heisst wettbewerbsfähiger

«Ressourcenarme Länder wie die Schweiz müssen ressourceneffizient werden», betonte Gunter Stephan, Präsident der Leitungsgruppe des Nationales Forschungsprogramms «Nachhaltige Wirtschaft» (NFP 73). Denn eine Wirtschaft, die auf Ressourceneffizienz setzt, werde im künftigen internationalen Wettbewerb Vorteile haben – da sie gegen die sich abzeichnende Verknappung und Verteuerung der Rohstoffe geschützt sind. «Umwelt- und Effizienztechnologien sind die Wachstums- und Leitmärkte der Zukunft», sagt Stephan.

Xaver Edelmann, ehemaliges Direktionsmitglied der Empa und heutiger Vizepräsident des «World Ressources Forum» (WRF), formuliert das grosse Ziel der Kreislaufwirtschaft: Das Wohlstands- und Wirtschaftswachstum muss von der Umweltschädigung entkoppelt werden. Um dies zu erreichen, reicht es aber nicht, einfach möglichst viele Produkte und Wertstoffe zu rezyklieren. Das Umdenken muss viel früher einsetzen: Beim Design von Produkten und Dienstleistungen – und bei unseren Ansprüchen.

Reduktion und Suffizienz ist auch ein Stichwort, das Jacky Gillmann, VR-Präsident des Bau- und Immobilienunternehmens Losinger Marazzi, ein Anliegen ist: Brauchen wir wirklich über 45 Quadratmeter Wohnfläche pro Person – oder genügen auch 30, wie das noch in den 70er-Jahren der Fall war? Dennoch sollen wir nicht zurück in vergangene Zeiten – im Gegenteil: Gillmann sieht im technologischen Fortschritt ein grosses Potenzial, etwa Ressourcen im Baubereich zu sparen, zum Beispiel bei der Verbesserung der Planung dank der digitalen Modellierungs- und Planungsmethode BIM oder dank neuer Produktionsmethoden wie dem 3D-Druck.

Michael Pöll vom Amt für Hochbauten der Stadt Zürich zeigte eindrücklich auf, was mit den Ressourcen geschieht, die in einem Gebäude stecken, wenn dieses rückgebaut wird: Während Beton, Asphalt, Gestein und Stahlschrott zum allergrössten Teil wiederverwertet werden, landen die verwendeten Kunststoffe allesamt in der Deponie. Hier liegt ein enormes Potenzial brach – allerdings steckt der Teufel dabei im Detail: In Gebäuden, die derzeit abgerissen werden, wurden vor allem in den Kunststoffen Substanzen verwendet, die heute verboten sind – etwa Asbest, Blei und Cadmium  in Bodenbelägen und Rohren aus PVC sowie der Flammhemmer HBCD in Dämmstoffen.

Catherine de Wolf von der EPFL und Marco Grossmann vom Nachhaltigkeitsberatungsunternehmen ecos widmeten sich dem Thema Kreislaufwirtschaft in Städten. Das ist kein Zufall, denn Städte sind gigantische Rohstoffnutzer: Mehr als drei Viertel aller Ressourcen und zwischen 60 und 80% der Energie werden in Städten verbraucht.

Kreislaufwirtschaft und post-fossile Städte

Am Nachmittag boten drei verschiedenen Workshops die Gelegenheit, das Wissen zu vertiefen und komplexe Fragestellungen zu diskutieren. Das NFP 73 lud zum Workshop «Kreislaufwirtschaft in der Baubranche», wo die Teilnehmenden diskutierten, wie und ob sich der Kreislaufgedanke in der Bauwirtschaft realisieren lässt – aus ökonomischer, ökologischer, organisatorischer und politischer Sicht. Wie eine Stadt im post-fossilen Zeitalter funktionieren könnte, zeigte im zweiten Workshop das Simulationsspiel «Post-fossil Cities» – ein Empa-Projekt im Rahmen des NFP 73. Der dritte Workshop widmete sich ganz praxisbezogen dem Thema Effizienz in Unternehmen: Wie sehen effiziente Lösungen im Material- und Energiebereich aus? Wie können Unternehmen voneinander lernen?

Ein Rohstoffmarkt ermöglichte es den Besucherinnen und Besuchern, mittels einer interaktiven Poster-Ausstellung die Vielfalt der Schweizer Initiativen und Netzwerke zu entdecken, die bereits heute existieren und mit unzähligen Projekten auf eine Rohstoffwende hinarbeiten. Die Teilnehmenden hatten durch den Besuch des NEST zudem die Möglichkeit, mehr über innovative Lösungen im Gebäudebereich zu erfahren.

Das Ressourcen Forum Schweiz ist eine Initiative einer breit gefächerten Gruppe von Organisationen, unter anderem das WRF, das BAFU, die Empa, die Schweizerischen Akademien der Wissenschaften, ecos, das Netzwerk Mineralische Rohstoffe Schweiz NEROS, das Schweizer Netzwerk für nachhaltiges Wirtschaften Öbu und der Entwicklungsfonds Seltene Metalle (ESM). Durch Konferenzen wie das Ressourcen Forum Schweiz sollen sich Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Wirtschaft und Politik sowie Akteure aus Forschung, öffentlicher Verwaltung und NGOs vernetzen.