«Empa Technology Briefing» zum Thema Wundbehandlung
Neue Wege zur Prävention und Therapie chronischer Wunden
17.05.2014 | ANTONIA FISCHER
Das letzte «Technology Briefing» der Empa, das Ende April in der Empa in St. Gallen stattfand, gab einen Überblick über die Behandlung und Prävention von chronischen Wunden. Es diente Fachleuten aus Gesundheitswesen, Wissenschaft und MedTech-Industrie dazu, sich zu vernetzen. Diverse Expertinnen und Experten aus diesen Bereichen stellten ihre Tätigkeiten vor.
Bildquelle: iStockPhoto.com
Unsere
stetig älter werdende Gesellschaft leidet immer häufiger
an chronischen Wunden. Diese gilt es, (idealerweise) zu verhindern
oder zumindest gut und narbenfrei heilen zu lassen. Aktuelle
Methoden der Wundbehandlung führen bislang jedoch nur bedingt
zum gewünschten Resultat. Das Interesse an neuen
Therapiemöglichkeiten ist daher enorm.
Jürg Traber, Direktor der Venenklinik Bellevue in Kreuzlingen,
gab zunächst einen Überblick über chronische Wunden
und deren Behandlung. Er ging dabei unter anderem auf die
Schwierigkeit ein, eine «chronische» Wunde
überhaupt zu definieren. Es gibt dazu verschiedene
Richtlinien. Jede Patientin und jeder Patient bringt jedoch andere
Bedingungen mit, und Wunden sind unterschiedlich gross – diese
Faktoren beeinflussen die Heilung. «Bei einer
grossflächigen Wunde kann man nicht davon ausgehen, dass sie
innerhalb von sechs Wochen abheilt. Deshalb muss sie aber noch
lange nicht chronisch sein», so Traber. Doch im Normalfall
sollte eine Wunde nach vier bis sechs Wochen verheilt sein, danach
kann sie chronisch werden. Wie derartige chronische Wunden im
Klinikalltag behandelt werden, veranschaulichte die Wundexpertin
und Leiterin des Pflegediensts an der Venenklinik Bellevue, Maria
Signer, anhand konkreter Beispiele.
Verschiedene Ansätze zur Prävention
Um zu verhindern,
dass Wunden überhaupt chronisch werden, entwickeln
verschiedene Firmen Produkte zu deren Prävention. Compliant
Concept, ein Spin-off der Empa und der ETH Zürich, hat etwa
den «Mobility
Monitor» entwickelt, einen Sensor, der die Bewegungen von
Patientinnen und Patienten während des Schlafens
aufzeichnet.
Krankheit oder eine Behandlung mit Schmerzmitteln können dazu
führen, dass sich Patientinnen und Patienten nicht mehr
regelmässig im Schlaf bewegen. Dies führt häufig zu
Wundliegen, das Gewebe der Druckstelle stirbt ab und eine offene
Wunde, im Fachjargon Dekubitus genannt, entsteht. Der Mobility
Monitor liefert Informationen darüber, wann und wie oft eine
Patientin oder ein Patient umgelagert werden sollte, um Dekubitus
vorzubeugen. Eine Beobachtung an elf Versuchspersonen über
knapp zwei Wochen zeigte, dass diese ohne Mobility Monitor vom
Pflegepersonal deutlich häufiger als notwendig umgelagert
wurden. Mit dem Mobility Monitor konnten die Umlagerungen im
Schnitt um rund 40 Prozent gesenkt werden. Dies entlastet sowohl
das Pflegepersonal als auch die zu Betreuenden, die im Schlaf
weniger gestört werden.
Ein neuartiges
Bettlaken für Bettlägrige, das von der Empa und der
Firma Schoeller entwickelt und getestet wurde, präsentierte
Anke Scheel-Sailer, ärztliche Leiterin im Bereich Forschung
und Rehaqualitätsmanagement am Schweizer Paraplegiker-Zentrum
in Nottwil.
Die Oberfläche
des Lakens ist mikrostrukturiert und bietet daher weniger Kontakt
– und damit Reibung – zur Haut als ein herkömmliches
Betttuch. Eine Studie am Paraplegiker-Zentrum zeigte, dass das
Bettlaken Wundliegen effektiv verhindern kann.
Resorbierbare Wundauflage und pflanzliches Mittel zur
Wundheilung Aber auch bei der Heilung chronischer Wunden gibt es
Fortschritte. Gemeinsam mit der Luzerner Firma Nolax hat die Empa
einen speziellen «Wundschaum»
weiterentwickelt, ein resorbierbares biokompatibles Polymer,
das den Körper beim Schliessen chronischer Wunden
unterstützen soll. Herkömmliche Wund-auflagen müssen
regelmässig gewechselt werden. Dies verursacht eine Belastung,
die die Heilung verzögern kann. Mit dem neuartigen Material
liegt nun eine Wundauflage vor, die nach und nach von
Bindegewebszellen besiedelt wird. Gleichzeitig wird der Kunststoff
abgebaut. Zurück bleibt lediglich die neu gebildete
Hautschicht, wie Katja Nuss vom Kompetenzzentrum für
Angewandte Biotechnologie und Molekularmedizin der Universität
Zürich berichtete, die das Material auch bereits in
Tierversuchen getestet hat.
Quelle: KTI,
Fotograf: Alessandro Della Bella
Empa-Forscher Arie
Bruinink aus der Abteilung «Materials-Biology
Interactions» optimierte mit seinem Team dabei Material und
Struktur der Wundauflage so, dass diese nicht toxisch ist, von
Zellen besiedelt wird und sich abhängig von der
Zusammensetzung in ein bis zwei Wochen auflöst.
In einem
aufwändigen Verfahren wurde ein dreidimensionales Zellgebilde
aus rund 15‘000 menschlichen Zellen hergestellt und damit
überprüft, ob Zellen die Wundauflage besiedelten.
Generell nutzen Bruinink und seine Kolleginnen und Kollegen
derartige Zell- und Gewebekulturen, um funktionale und sichere
Materialien für den Einsatz im menschlichen Körper zu
entwickeln. «Unser Ziel ist es, in vitro-Methoden zu
entwickeln, die einen hohen prognostischen Wert für die in
vivo-Situation haben», so Bruinink.
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