4. Innovation Day mit spannenden Einblicken
Impulse aus Forschung und Entwicklung für die Textilindustrie
Legende: Neuheit der Empa: Am Innovation Day vorgestelltes Modell einer Mehrkomponentenfaser. Eine Spezialflüssigkeit im strukturierten Hohlkern der Faser bewirkt eine geschwindigkeitsabhängige mechanische Dämpfung. Diese Entwicklung soll flexible Schock-Absorber ermöglichen, beispielsweise bequem zu tragende Schutzwesten, die erst erstarren, wenn sie ein schneller Stoss trifft. Trotz oder gerade wegen der Wirtschaftskrise konnte Manfred Bickel, Leiter der Geschäftsstelle St. Gallen des Textilverbandes Schweiz TVS, mehr Teilnehmende als in den Jahren zuvor begrüssen. Er rief die Unternehmen auf, antizyklisch zu handeln und gerade jetzt, in schwierigen Zeiten, innovative Ideen zusammen mit Partnern anzupacken und umzusetzen. Eine Chance, so Bickel, biete dazu das Konjunkturstabilisierungspaket der Förderagentur für Innovation KTI.
Spektakuläre Bilder aus der Tier- und Pflanzenwelt benutzte der Empa-Textiltechniker Marcel Halbeisen zur Veranschaulichung, was sich alles von der Natur «abholen» lässt. Die Bionik sollte aber nicht einzelne Tiere oder Pflanzen betrachten, sondern deren Lebensraum einbeziehen, um erklären zu können, warum die Evolution eine spezielle Eigenschaft in einer bestimmten Umgebung hervorgebracht hat. Halbeisen plädiert daher für eine ganzheitliche Sichtweise, um Vorgänge und Strukturen in der Natur besser zu verstehen. «Gibt es Materialien mit Intelligenz und wenn ja wie viele Intelligenzstufen gibt es?» fragte die Empa-Forscherin Ana-Maria Popa. Sie teilt die Intelligenzquotienten der Materialien in drei Stufen ein. In der ersten Stufe geht es um funktionalisierte Materialien: Mit Hilfe von Beschichtungen lassen sich die mechanischen Eigenschaften verändern oder die Benetzbarkeit anpassen. In Stufe 2 reagieren die Materialien auf externe Stimuli, etwa auf Licht, Feuchtigkeit, Druck und ändern dementsprechend ihre Eigenschaften. Komplexe Systeme, die funktionelle und reagierende Eigenschaften zusammenbringen, ordnet Popa der Stufe 3 zu. Diese Materialien sind imstande, bestimmte Aufgaben selbstständig zu erfüllen, wenn sie dazu angeregt werden. | |||
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| Andrea Weber-Marin von der Hochschule Luzern bei ihrem Netzwerkreferat «Wie ein textiles Produkt kommuniziert». | ||
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Früher Science Fiction heute Realität Textile Produkte mit der Umwelt kommunizieren lassen, war ein weiteres Thema am Innovation Day 2009. Etwa eine Handtasche, die durch Farbwechsel anzeigt, ob darin gerade das Telefon klingelt oder eine SMS eingegangen ist. Oder der Joggingdress, der durch Farbpunkte verrät, welche Leistung die Sportlerin oder der Sportler momentan erbringt. Keine Zukunftsmusik, sondern eine konkrete Neuentwicklung sind schwarze Stoffe, die Wärmestrahlen nicht mehr absorbieren sondern reflektieren. Somit heizen sich die Stoffe weniger auf und schützen vermehrt vor Überhitzung. Der gleiche Effekt lässt sich auch bei weissen, lichtdurchlässigen Stoffen erreichen, zudem wird die Haut vor Sonnenbrand geschützt. Die Stoffe wurden von der Schöller Technologies AG, einem KMU, gemeinsam mit dem Grosskonzern Clariant AG entwickelt. Das Beispiel zeigte eindrücklich, wie KMU und Grosskonzerne durch gemeinsame Innovationen profitieren können. Neue Materialien bedingen neue Methoden, zum Beispiel in der Verarbeitung. Unter dem Titel «Fashion meets Sports Functional Prototyping» illustrierten mehrere Partner aus Industrie, Schule und Forschung, wie sich Schnitt und Verarbeitung anpassen müssen. So werden Textilien heute beispielsweise vermehrt geschweisst anstatt genäht, um die Funktionalität des Materials zu erhalten. Ganzkörperscanner, die die exakten Körpermasse einer Person liefern, ermöglichen die Individualisierung der Bekleidung, was einem Megatrend der Branche entspricht. | |||
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| Als Diskussionsplattform stellten die Netzwerkpartner an Ständen ihre neuesten Ideen vor. | ||
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Spinnenseide Geheimnis gelöst? In der Natur gibt es viele Materialien, die durch ihre in Jahrmillionen optimierten Eigenschaften synthetische Produkte bei Weitem übertreffen. Seit Jahren wird beispielsweise auf der ganzen Welt an der Herstellung künstlicher Spinnenseide geforscht. Thomas Scheibel von der Universität Bayreuth und sein Team scheinen das Geheimnis der Spinnenseide nun gelöst zu haben; es gelang ihnen, Spinnenseide biotechnologisch herzustellen. Zurzeit arbeiten sie daran, das Verfahren in industrietaugliche Massstäbe umzusetzen. Anwendungsgebiete sind etwa in der Medizin und auch in der Industrie auszumachen. | |||
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