Lebenszyklus-Analysen im Energiebereich

Je grösser das Windrad desto klimaschonender

06.07.2012 | MARTINA PETER

Eine Studie von ETH- und Empa-Forscherinnen und -Forschern kommt zum Schluss, dass grosse Windkraftanlagen grüneren Strom produzieren als kleine. Günstig für die Umwelt wirkt sich aus, dass die Anlagenbauer an Erfahrung zulegen und voneinander lernen. Von den Erfahrungen aus 30 Jahren Windkraftanlagen profitieren ebenfalls die Entwickler von Ökobilanzen: Sie verfeinern damit ihre Methodik, um die Auswirkungen neuer Technologien auch über grössere Zeiträume einzuschätzen.

/documents/56164/266851/a592-2012-07-10-Windraeder-b1m.jpg/fdb68df5-6804-4a34-98ec-fbcdddb2a542?t=1448304366260
 

Quelle: iStockPhoto

Zu den Hoffnungsträgern unter den erneuerbaren Energien zählt die Windkraft. Aber wie «ökologisch» sind Windkraftanlagen wirklich, wenn der ganze Lebenszyklus einer Anlage betrachtet wird, wenn alles einberechnet wird – vom Energieaufwand, der nötig ist, um Baumaterialien zu gewinnen, zu bearbeiten und zu transportieren, bis zum Energieeinsatz für den Bau, Betrieb und Abbruch? Neue Einsichten lieferte eine Forschungsgruppe der ETH Zürich, der Empa und der niederländischen Radboud Universität Nijmegen in einem Fachartikel, der in «Environmental Science & Technology» erschienen ist: Je grösser die Windkraftanlage, desto grüner produziert sie Elektrizität.


Lernerfahrungen zahlen sich aus
Der Effekt, so erklärt die Hauptautorin der Studie, Marloes Caduff, entstehe durch die Kombination von Anlagengrösse und Lerneffekten. Um eine Windkraftanlage mit doppelter Leistung zu erhalten, sei nicht automatisch doppelt so viel Energieaufwand und Material zu deren Bau nötig. Es koste nur unwesentlich mehr Energie, eine Anlage grösseren Massstabs zu bauen als eine kleinere. Grüner werde der Windstrom aus grossen Anlagen nicht zuletzt deshalb, weil die Erbauer erfahrener werden und voneinander lernen, betont Caduff. Dies beschleunigt den Fortschritt bei Planung und Bau von Windkraftanlagen. Dadurch konnte etwa die Form der Rotorblätter rasch optimiert werden. Damit lässt sich Wind besser ausnutzen, ohne dass der Turm oder der Generatorkopf grösser wird.


Lernprozess in Methodik von Ökobilanzen einfliessen lassen
Windkraftanlagen schauen mittlerweile auf 30 Jahre Entwicklung zurück. 1980 lag der Durchmesser der Rotoren bei 15 Metern; heute gibt es Anlagen, deren Rotorendurchmesser zehnmal grösser ist, zum Beispiel derjenige der Offshore-Anlage «Alstom Haliade 150» vor der Küste Frankreichs. Von dieser über Jahrzehnte andauernden Technologieentwicklung profitieren auch Wissenschaftler, die sich mit der Methodik von Lebenszyklusanalysen für Ökobilanzen beschäftigen. Empa-WissenschaftlerInnen um Hans-Jörg Althaus interessiert es, wie die Entwicklung von Windkraftanlagen einer bestimmten Gesetzmässigkeit folgt, so wie es bei jeder «neuen» Technologie der Fall ist. Auch Windkraftanlagen mussten ihren Weg vom Reissbrett über Test- und Pilotanlagen in die Realität finden. Die Erkenntnisse aus dem stetigen Weiterentwickeln und «Upscaling» der Windkraftanlagen lassen die Empa-Fachleute in die Methodik der Lebenszyklusanalysen einfliessen und ziehen sie heran, wenn es gilt, neue Technologien adäquat in einem breiten zeitlichen Horizont einzuordnen.

 
 


 

Literaturhinweis
«Wind Power Electricity: The Bigger the Turbine, the Greener the Electricity?» Caduff M, Huijbregts MAJ, Althaus H-J, Koehler A & Hellweg S. Env Science&Techn. 2012, 46, 4725-4733. Doi: 10.1021/es204108n
http://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/es204108n


Mehr Infos zur Studie auf ETH-Life:
Grosse Windräder sind klimaschonender, Autor: Peter Rüegg
http://www.ethlife.ethz.ch/archive_articles/120629_windraeder_per/index


 

Weitere Informationen


Redaktion / Medienkontakte