Schweizer Ausscheidung für Physik-Worldcup

«Physics Fights» an der Empa

10.04.2012 | REMIGIUS NIDERÖST
Wieso hüpft ein Golfball wieder aus dem Loch? Über solche und ähnliche Probleme stritten sich physikbegeisterte Schülerinnen und Schüler am «Swiss Young Physicists‘ Tournament» Ende März an der Empa. Die NachwuchsphysikerInnen, die ihre Lösung am überzeugendsten gegen kritische Fragen der gegnerischen Teams verteidigten, dürfen diesen Sommer an die internationale Austragung des Turniers im süddeutschen Bad Saulgau.
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Julia Glaus und Patrick Lenggenhager vom  Mathematisch-Naturwissenschaftliches Gymnasium (MNG) Rämibühl freuen sich über den Turniersieg.
 
Im Jahr 2002 hat ein Schweizer Team erstmals am «International Young Physicists‘ Tournament» – dem Physik-Worldcup – teilgenommen, einem Wettbewerb, an dem physikbegeisterte Schülerinnen und Schüler aus der ganzen Welt gegeneinander antreten. In «Physics Fights» präsentieren und verteidigen dabei jeweils drei Teams mit je fünf Mitgliedern abwechselnd ihre Lösung zu einer vorgegebenen Problemstellung, hinterfragen die Lösungen ihrer Gegner und beurteilen die Leistungen der anderen Teams. Die Leistungen aller Teams werden durch eine Fachjury bewertet.
 

Schweizer Austragung an der Empa
Zur Vorbereitung auf das internationale Turnier und zur Auswahl des Teams, das die Schweiz dabei vertritt, dient die nationale Ausscheidung, das «Swiss Young Physicists‘ Tournament» (SYPT). Nachdem es letztes Jahr erstmals ausserhalb eines Schulhauses stattgefunden hat, war es dieses Jahr an der Empa in Dübendorf zu Gast. Während die Empa die Hälfte der Jurorinnen und Juroren sowie die Räumlichkeiten stellte, trugen die Hauptsponsoren Siemens Schweiz AG und Mettler-Toledo einen wesentlichen Teil der Kosten etwa für Preise und Verpflegung.

Jeweils ein Jahr vor der internationalen Austragung des Turniers werden die zu behandelnden Aufgaben bekannt gegeben. Diese sind sehr offen formuliert und haben grundsätzlich keine einfache, abschliessende Lösung, so dass häufig jede Präsentation neue Aspekte des Phänomens beleuchtet. Die Teams – für die Schweizer Ausscheidung sind es Teams mit nur drei Mitgliedern – können sich also knapp ein Jahr lang vorbereiten; sorgfältiges Experimentieren sind für ein erfolgreiches Abschneiden ebenso wichtig wie ein souveräner Umgang mit Physik und Mathematik auf Hochschulniveau.
Wer sich nun die Teilnehmenden – übrigens war dieses Jahr knapp ein Drittel Mädchen dabei – wie die Physiker in der US-Sitcom «The Big Bang Theory» vorstellt, liegt allerdings falsch. Es sind keineswegs «Nerds», superintelligente Fachidioten und Sonderlinge, die nur Interesse an der Wissenschaft haben und im sonstigen Leben kaum zurechtkommen. «Am SYPT nehmen ganz normale Jugendliche mit Interesse an Naturwissenschaften teil», weiss Samuel Byland, Präsident des Vereins «Pro IYPT-CH» und Initiant der Schweizer Wettkämpfe. Das zeigt sich denn auch darin, dass sie durchaus Gefallen finden an den kleinen Geschenken, die die Sponsoren bereitstellen – etwa an einem faltbaren Frisbee.
 

 

 
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  Während das «Reporter»-Team (rechts) seine Lösung präsentiert, bereitet sich das «Opponent»-Team (links) darauf vor, kritische Fragen zu stellen. Das «Reviewer»-Team (vorne) beurteilt anschliessend beide Teams.
 

 
Mehr als nur Physikwissen gefragt
Zudem wird an den «Physic Fights» nicht nur das Wissen im Fach Physik getestet und beurteilt, sondern viele überfachliche Kompetenzen wie Teamarbeit, wissenschaftliches Arbeiten - etwa mit dem Computer zur Auswertung der Messergebnisse - und Präsentationstechnik. Da die Wettkämpfe in Englisch geführt werden, bereitet es auch gut auf die zunehmend in dieser Sprache gehaltenen Vorlesungen und Seminare an den Hochschulen vor. Hier zeigte sich am Turnier an der Empa, dass Teams von «International Schools», an denen auf Englisch unterrichtet wird, einen sprachlichen Vorteil haben. Trotzdem belegte das Mathematisch-Naturwissenschaftliche Gymnasium Rämibühl den ersten und dritten Platz, den zweiten Rang erreichte  ein Team der International School Zurich.
 
 
Und das Problem mit dem nervigen Golfball, der nach dem Einputten wieder aus dem Loch springt? «Gar nicht so einfach, das physikalisch und mathematisch zu beschreiben», wie selbst einige Jurymitglieder zugeben müssen. Immerhin so knifflig, dass es dazu eine Publikation des renommierten «Massachusetts Institut of Technology» (MIT) gibt. Allerdings – so der Teilnehmer, der die Aufgabe «Frustrating Golf Ball» präsentierte – ist das Problem in der Praxis kaum relevant: «Ich spiele selber Golf», sagte der Schüler, «und mir ist das noch nie passiert!»