TA-SWISS-Studie zu Ortungstechnologien

Was tun gegen die totale Überwachung?

20.06.2012 | RAINER KLOSE
Mein Smartphone weiss, wo ich bin. Mein Mobilfunk-Provider zeichnet Zeit und Ort meiner Telefonate auf, mein Arbeitgeber registriert, wann ich mit meinem Zugangschip die Tür zum Bürogebäude öffne. Wo führt die Sammlung all dieser Ortungsdaten hin? Eine Studie des TA-SWISS, des Schweizer Zentrums für Technologiefolgenabschätzung, gibt Auskunft. Sie entstand unter Mitwirkung der Empa.
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Die TA-SWISS-Studie «Lokalisiert und identifiziert. Wie Ortungstechnologien unser Leben verändern», kann im Open Access unter www.vdf.ethz.ch kostenlos als e-Book heruntergeladen werden.

 

 
Immer mehr Alltagshandlungen hinterlassen Datenspuren, die darüber Auskunft geben, wo wir uns aufhalten und mit wem wir in Verbindung stehen. Ob wir mobil telefonieren, auf das Internet zugreifen, von einer Videokamera erfasst werden, ein Foto auf eine Internetplattform hochladen, mit einem Chip eine Tür öffnen oder bargeldlos bezahlen: Fast immer entstehen dabei Daten, die sich zu Bewegungsprofilen zusammenfügen lassen und Rückschlüsse auf unsere Lebenssituation erlauben. Neben der Satellitenortung durch GPS gibt es heute mehr als ein Dutzend Technologien, die indirekt die Ortung von Personen zulassen. Mit ihrer Ausbreitung gehen sowohl Chancen als auch Risiken für die Gesellschaft einher.
 

 
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  Handys mit GPS-Empfänger sammeln Standort-Daten.
 

 

Wer kann, wer darf unter welchen Bedingungen Ortungsdaten erfassen, speichern, verarbeiten, weitergeben oder löschen? Welche Massnahmen können Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen und der Gesetzgeber ergreifen, um dem Missbrauch von Ortungsdaten vorzubeugen? Mit der interdisziplinären Studie «Lokalisiert und identifiziert. Wie Ortungstechnologien unser Leben verändern» will TA-SWISS die Öffentlichkeit sowie Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung für die Problematik sensibilisieren.

 

Wer weiss meinen Standort wie genau?
Lorenz Hilty von der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» wirkte als Projektleiter an der Erstellung der Studie mit. Bei der Präsentation der Studie am 19. Juni in Bern informierte Hilty über die Fähigkeiten der verschiedenen Überwachungstechnologien, mit denen wir es zu tun haben. So ermittelt ein GPS-Empfänger, etwa in einem Smartphone, die Position des Benutzers auf rund 10 Meter genau. Das GSM-Mobilfunknetz schafft im Stadtgebiet eine Genauigkeit bis zu 100 Meter; auf dem Land können es bis zu 35 Kilometer sein. Wer per Wireless LAN einen Computer einloggt, kann per Spezialsoftware mitunter auf wenige Meter genau erfasst werden; ein Internetzugang per Festnetz liefert bisweilen Daten bis hin zu Strasse und Hausnummer des Benutzers. Und kontaktlose Zugangssysteme zu Bürogebäuden ermöglichen es, Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsort jedes Beschäftigten auf dem Firmengelände zu erfassen und zu speichern - dann kann der Personalchef jede Kaffeepause sehen.

Wir sind zunehmend abhängig
Hilty warnte in seinem Vortrag vor der zunehmenden Abhängigkeit von Ortungstechniken. Immer mehr Geräte, die wir ständig benutzen, werden «smart» und erbringen Leistungen, die auf der Weitergabe der geographischen Position basieren. Doch immer seltener lässt sich die Funktion ausschalten – und falls sie abschaltbar ist, muss man auf einige Komfort-Features verzichten. Die Daten aus diesen Messungen werden oft im Ausland verarbeitet und sind damit der Kontrolle der überwachten Person entzogen. 

 

TA-SWISS fordert Politiker zum Handeln auf
Die TA-SWISS-Studie schlägt daher eine Reihe von Massnahmen zum Schutz der Privatsphäre vor:
•  politische Durchsetzung besserer Datenschutz-Standards im internationalen Raum
•  zertifizierte und transparente Softwareprodukte mit Datenschutz als Qualitätsmerkmal
• eine gesetzlich verordnete, eingeschränkte Aufbewahrungsdauer der Ortungsdaten
• die Förderung der Medienkompetenz, speziell bei Jugendlichen, um über Chancen und Risiken der erhobenen Bewegungsprofile aufzuklären
• zusätzliche, sozialwissenschaftliche Forschung, um Wissenslücken im Umgang mit Ortungsdaten zu schliessen

Literaturhinweis:
Die Studie «Lokalisiert und identifiziert. Wie Ortungstechnologien unser Leben verändern», TA-SWISS, Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung (Hrsg.). ISBN 978-3-7281-3460-8 kann im Open Access unter www.vdf.ethz.ch kostenlos als e-Book heruntergeladen werden.

 
 


 

Literaturhinweis
Die Studie «Lokalisiert und identifiziert. Wie Ortungstechnologien unser Leben verändern», TA-SWISS, Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung (Hrsg.). ISBN 978-3-7281-3460-8 kann im Open Access unter www.vdf.ethz.ch kostenlos als e-Book heruntergeladen werden.

Eine Kurzfassung der Studie steht auf der Projektseite des TA-SWISS zum Download bereit.


 

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