«Technologie-Briefing» an der Empa

Nanomaterialien in Farben und Lacken

20.07.2010 | DANIELA HEINIGER
Dank Nanopartikeln lassen sich moderne Lacksysteme wesentlich einfacher verarbeiten, sind langlebiger und könnten problematische Biozide ersetzen. Diese Chancen heisst es zu nutzen, ohne dabei mögliche Risiken zu vernachlässigen. Am «Technologie-Briefing» an der Empa ging es um neue Erkenntnisse zum verantwortungsvollen, ökologischen und sicheren Umgang mit Nanomaterialien in Lacken und Farben.
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Quelle: iStock-Foto

 
Von der Nanotechnologie verspricht sich auch die Farb- und Lackindustrie einiges. Nanopartikel machen Anstriche beispielsweise korrosionsbeständig, kratzfest und sogar selbstreinigend, erklärte Jörg Güttinger vom Nano-Cluster Bodensee. Weltweit wurden letztes Jahr 4,2 Milliarden US-Dollar für die Nano-Forschung ausgegeben, wovon der grösste Teil auf die EU, die USA und Japan entfällt. Am Beispiel von Deutschland zeigte Dietmar Eichenstädt vom Verband der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL) das Potential auf. So beschäftigten sich bereits vierzig Prozent der rund 230 deutschen Lackhersteller mit Nanotechnologie. Dieser Industriezweig stellt jährlich zwei Millionen Tonnen Lacke und Farben her und erwirtschaftet einen Umsatz von 5,3 Milliarden Euro. Eichenstädt prognostizierte dann auch, dass in fünf Jahren rund 15 Prozent des Umsatzes auf «echten nanotechnologischen Anwendungen in «Smart Coatings» beruhen würden».
 
Anwendungen in der Praxis
Eine Firma, die den Vorteil von Nanotechnologien bereits nutzt, ist die Bühler AG aus Uzwil. Mit dem Produkt OxylinkTM produziert sie eine wasserbasierte Multikomponenten-Metalloxid-Nano-Dispersion. Laut Detlef Burghard von Bühler könne OxylinkTM die Gebrauchseigenschaften wasserbasierter Lacke deutlich verbessern. Es verleihe unter anderem eine bessere Blockfestigkeit und höhere Feuchtigkeitsbeständigkeit. Ausserdem trockne das Material schneller und habe eine höhere Schmutzabweisung. Mit den erreichten Verbesserungen würde in vielen Fällen die Leistung von lösemittelbasierten Systemen erreicht und so der Wechsel zu wasserbasierten Beschichtungen ermöglicht.
 

Die Firma Bacoat verwendet mit «Akacid Plus» einen polymeren Elektrolyten als Additiv für Farben, Lacke und Beschichtungen, der Oberflächen einen gewissen Schutz gegen Keimbesiedlung verleiht. Gerade in diesem Bereich gebe es laut Edgar Wittlin von Bacoat grosses Potential, weil durch gestiegene Hygieneanforderungen der Anspruch an Produkte und deren Oberflächen zunimmt.

Schliesslich präsentierte der US-Hersteller Dow Coating Materials zwei Beispiele für gezielte Bindemittelstrukturierung, durch die unter anderem eine Verbesserung von Härte sowie Druck- und Blockbeständigkeit resultiert.

 

 
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  Modellhaus auf dem Empa Gelände in Dübendorf: Daran sind Fassadenelemente mit ausgewählten Putzen und Anstrichen montiert. Eine der Beschichtungen enthält nanopartikuläres Silber.
 

 
Chancen und Risiken
Nanomaterialien wirken sich auch in Fassadenbeschichtungen positiv aus.. So können sie die Produktalterung, verursacht durch UV-Strahlung, verzögern und werden als Alternativen für problematische Biozide erforscht. Ausserdem ermöglichen Nanopartikel, innovative Produkte zur Wärmedämmung und Selbstreinigung herzustellen. Diese werden sich am Markt jedoch nur durchsetzen, wenn die Sicherheit von Mensch und Umwelt gewährleistet ist.
 
Die Empa hat darum mit Partnern aus der Industrie das Projekt «Nanohouse» gestartet. Ziel des Projekts ist, die Chancen und Risiken von nanotechnologischen Fassadenbeschichtungen im gesamten Lebenszyklus der Produkte zu erforschen. Dazu untersucht das Team unter anderem die mögliche Freisetzung von Nanopartikeln aus den Beschichtungen und das Verhalten der freigesetzten Nanopartikel in der Umwelt. Schlussendlich soll ein Leitfaden entstehen für den richtigen Umgang mit den Nanomaterialien bezüglich Sicherheit, Recycling und Entsorgung.
 
Mit dem Thema Sicherheit hat sich auch Dietmar Eichenstädt vom VdL befasst. In einer Studie wurde die Freisetzung von Nanopartikeln aus der Lackmatrix untersucht. Weil diese keine Anhaltspunkte für Risiken ergeben hätte, hält er einen spezifischen Leitfaden für die Lackverarbeitung für unnötig. Hingegen wurde ein Leitfaden für die Lackproduktion bereits erstellt und in den Nanodialog der deutschen Bundesregierung eingebracht, so Eichenstädt.
 
 


 

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