22. Wissenschaftsapéro

Holzhäuser – wohnen und wohl fühlen

08.03.2005 | REMIGIUS NIDERÖST
Die Vorurteile, Holzhäuser seien rückständig, minderwertig und brandgefährdet, halten sich hartnäckig. Aber völlig zu Unrecht erläutern drei Referenten am 22. Wissenschaftsapéro in Dübendorf. Moderne Holzbauten unterscheiden sich qualitativ nicht von konventionellen Gebäuden und genügen allen Anforderungen an Wärme-, Feuchte-, Brand- und Schallschutz. Ein Grossteil der BewohnerInnen fühlt sich im Holzbau behaglicher als im Massivbau. Überdies bietet das Material Holz viele weitere ökologische, baubiologische und wirtschaftliche Vorteile.
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Quelle: Holzbulletin 62/2003, Lignum
 

Holz hat die Nase vorne
Holz ist ein modernes Baumaterial und das hat viele Gründe. „Holz hat die Nase ökologisch vorne“, so Klaus Richter, Leiter der Empa-Abteilung Holz. Der natürliche Rohstoff wächst laufend nach, wird vor Ort in den einheimischen Wäldern produziert, ist CO2-neutral und kann problemlos entsorgt werden. Holz ist deswegen in Zeiten, in denen mehr Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird, eine attraktive Alternative zu mineralischen Baustoffen.
Holz schafft zudem ein behagliches Raumklima. Holzböden- und wände fühlen sich stets warm und trocken an. Holz nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf und gibt es bei Bedarf wieder an die Umgebung ab. In einem Holzhaus ist deswegen trockene Heizungsluft kein Thema. Hinzukommt, „dass Holzhäuser im Vergleich zu Massivbauten konkurrenzlos schnell vorgefertigt und aufgerichtet werden“, so Richter. „Sie nehmen ausserdem die führende Rolle im energieeffizienten Bauen ein.“

Neue Holzwerkstoffe – vom Stab zur Platte
Das Material Holz hat aber nicht nur positive Seiten. Es ist seiner Natur nach ein inhomogener Stoff. Holzfasern verlaufen längs zur Wuchsrichtung des Baumstammes. Unter Einfluss von Trockenheit oder Feuchte schwindet oder quillt das Holz – und das unterschiedlich stark in die verschiedenen Richtungen. Auch die mechanische Belastbarkeit unterscheidet sich je nachdem, ob das Holz längs oder quer zur Faser beansprucht wird.
Heute lassen sich Holzwerkstoffe mit vorbestimmten Eigenschaften produzieren. Dazu wird Holz zuerst zu Spänen oder Fasern zerkleinert und dann mit speziellen Techniken neu zusammengefügt. „Holz ist längst nicht mehr einfach als Stab oder Brett verfügbar, sondern auch in Form von grossflächigen Platten“, berichtet Andrea Deplazes, Professor für Architektur und Konstruktion der ETH Zürich. Die neuen Holzwerkstoffe sind zudem trocken, rissfrei, formstabil und homogen.
Aus Massivholz und Holzwerkstoffen lassen sich in der Fabrikhalle multifunktionale Komplexe herstellen. Ergänzende Komponenten werden zu Systemen zusammengebaut – ähnlich einem Sandwich mit vielschichtigen Funktionen. Ganze Wandsysteme lassen sich damit industriell vorfertigen und müssen vor Ort nur noch nach einer Montageanleitung zusammengesetzt werden. „Der Bau eines Holzhauses hat heute mehr zu tun mit IKEA“, bringt es Deplazes auf dem Punkt.
Die Forschritte in der Produktion haben dazu geführt, dass heutzutage ganz andere Bauweisen möglich sind. Während Häuser früher vor allem in Block- oder Fachwerkbauweise erstellt wurden, kommen derzeit Holzrahmen- und Holztafelbau verstärkt zum Einsatz. Überdies ist der Holzbau dabei, sich als Bauform zu etablieren. Waren 1990 noch zwei Prozent der Neubauten aus Holz, waren es 2000 bereits sechzehn Prozent. Diesen Januar traten zudem neue Brandschutzvorschriften in Kraft, die mehrgeschossige Holzbauten ermöglichen. Damit erhält Holz Zutritt zum grossen Markt des mehrgeschossigen Bauens.

Anforderungen an den Schutz
„Im Wärme-, Feuchte-, Schall- und Brandschutz wurden in den letzten Jahrzehnten beachtliche Fortschritte erzielt“, erklärt Stefan Winter, Professor für Holzbau und Baukonstruktion der Technischen Universität München. Holz hat als zelluläres Material von Natur aus gute Wärmedämmeigenschaften, Holzhäuser weisen deswegen häufig Minergiequalitäten auf.
Moderne Holzbauten haben eine gute Luftdichtheit. Durchdachte Konstruktionsprinzipien verhindern, dass Feuchtigkeit in die Bauwerke eindringt. Heute kommt der moderne Holzbau deswegen ohne chemischen Holzschutz aus. „Baulicher Holzschutz ersetzt chemischen Holzschutz“, so Winter. Auch das Vorurteil vom hellhörigen Holzhaus gehört der Vergangenheit an. Heute gibt es eine Vielzahl an konstruktiven Möglichkeiten, um die Forderungen des Schallschutzes zu erfüllen.
Letztendlich ist auch die Angst vor der Feuergefahr nicht mehr begründet. Holzkonstruktionen mit feuerhemmenden Bauteilen verhalten sch im Brandfall erstaunlich widerstandsfähig. Während Stahl oder Beton bei Hitze schnell an Tragfähigkeit verlieren, ist die Abbrandgeschwindigkeit von Holz erstaunlich langsam. „Das Risiko eines Brandes steigt nicht durch die Verwendung eines brennbaren Baustoffes – sondern durch das Alter und die Ausstattung der Gebäude und die Sorglosigkeit der Nutzer“, bekräftigt Winter. 

Holzbauten leben lange
Das Fazit der drei Referenten: Werden die baulichen Konzepte und Konstruktionen dem Baustoff Holz angapsst und die Qualität der Verarbeitung und Erstellung seriös überwacht, lassen sich Holzbauten von hoher Lebensdauer erstellen – ähnlich dem Massivbau. Mit zahlreichen Beispielen belegten sie zudem die vielseitige Einsatzfähigkeit von Holzbauten: Bürogebäude, Schwimmbäder, Kirchen, Brücken, Industriegebäude, Wohngebäude und sogar Feuerwehrstützpunkte. Richter hofft, „dass der Holzwurm nicht lacht, sondern dass die Bauherren lachen, weil sie die richtige Bauweise gewählt haben.“

Dr. Bärbel Zierl

Kontakt
Dr. Klaus Richter, Abteilung Holz, Tel. 044 823 41 15,

 
 
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