26. Wissenschaftsapéro «Daheim und unterwegs – die Brennstoffzelle im Einsatz»

Die Brennstoffzelle – Lösung für jeden Verwendungszweck?

08.11.2005 | BEAT ASCHWANDEN

Brennstoffzellen wandeln chemische Energie direkt in elektrischen Strom und Wärme um. Ihr Einsatzbereich reicht vom Batterieersatz in Fahrzeugen, Laptops und Handys über Energieversorgungssysteme in Ein- und Mehrfamilienhäusern bis hin zum Einsatz in Kraftwerken. An der Empa-Akademie diskutierten am 31. Oktober Fachleute und Laien über das Potential dieser Technologie und die Aussichten, ihr durch innovative Konzepte und durch Einsatz in Nischenmärkten zum Durchbruch zu verhelfen.

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Legende: An der Empa entwickelte strukturierte Anode für Brennstoffzellen.

 

Dr. Peter Holtappels von der Empa-Abteilung Hochleistungskeramik ging in seinem Vortrag «Hightech-Materialien für Brennstoffzellen» erst einmal auf die Geschichte der Brennstoffzelle ein. In einer ersten Studie von 1937 wurde eine Festoxid-Brennstoffzelle vorgestellt, die noch einen ganzen Raum beanspruchte. Deren Funktionsprinzip wurde zwar übernommen, die Aggregate selbst schrumpften jedoch von Generation zu Generation. Als «Brennstoff» dient Wasserstoff, der Betrieb ist jedoch auch mit Erdgas, Biogas, Benzin usw. möglich. Inzwischen gibt es vielfältige Typen für viele möglichen Anwendungen, von denen Peter Holtappels einen Überblick präsentierte.

 

Kein Rauch, kein Russ, kein Feuer

Festoxid-Brennstoffzellen (solid oxid fuel cell, SOFC) mögen es heiss. Bei Temperaturen von bis zu 1000°C wandeln sie chemische Energie in elektrische Energie um. Das stellt enorme Ansprüche an die Materialien. Die Empa entwickelt dafür Hochleistungskeramiken für den Einsatz unter extremen Temperaturen. Die SOFC hat viele Vorteile. Dank der hohen Betriebstemperatur kann sie nicht nur Wasserstoff, sondern auch Erdgas oder Erdöl und vor allem erneuerbare Brennstoffe wie Biogas verarbeiten. Die SOFC eignet sich daher für eine nachhaltige Energiegewinnung. Ausserdem bilden sich wie bei allen Brennstoffzellen keine schädlichen Abgase. Beim Betrieb mit Wasserstoff entsteht lediglich Wasserdampf. Werden andere Brennstoffe eingesetzt, gibt die SOFC zusätzlich Kohlendioxid ab – kein Rauch, kein Russ, kein Feuer. 

 
Galileo von Sulzer Hexis wurde sogar mit dem deutschen Brennstoffzellenpreis ausgezeichnet, nicht zuletzt für seine kompakte, servicefreundliche Architektur. (Quelle: Sulzer Hexis)
 

Brennstoffzelle statt Ölheizung

Roland Diethelm stellte eine marktreife Hochtemperatur-Brennstoffzelle von Sulzer Hexis vor, die als Ersatz der Ölheizung von Einfamilienhäusern taugt, und bei deren Entwicklung auch die Empa mitgearbeitet hat. Für Diethelm hat «das grosse Kraftwerk ausgedient, jetzt kommen die kleinen», dafür in jedem Haus installiert. «Galileo », wie die Sulzer-Hexis-Anlage heisst, wird mit Erdgas betrieben und darf dank hoher Energieeffizienz das CE-Zeichen führen. Die CE-Zertifizierung verlangt die Nutzung der Abwärme und eine Energieeffizienz von 85%. Leider sind anscheinend nur «Pioniere» bereit, ihre Ölheizung durch eine solche Anlage zu ersetzen. Vielleicht ist es dieser Umstand, der Sulzer – den Mutterkonzern – nach beträchtlichen Investitionen entscheiden liess, aus diesem Geschäft auszusteigen.

 
Im März 2005 erhielt der Honda FCX als erstes Brennstoffzellenfahrzeug weltweit die Zulassung für den öffentlichen Verkehr vom Japanischen Ministerium für Land, Infrastruktur and Transport. (Quelle: Honda)
 

Brennstoffzelle im Auto

Thomas Brachmann von Honda R&D Europe stellte dem am Wissenschaftsapéro anwesenden Publikum einen Personenwagen mit Elektroantrieb und Brennstoffzelle vor. Beim Modell «FCX» handelt es sich nicht etwa um einen Forschungsprototyp, sondern um ein in Kleinserie für den amerikanischen und japanischen Markt produziertes Coupé. Es ist nach strengen Tests für Japan und die USA zugelassen worden. Auch hier waren bisher nur wenige «Pioniere» bereit, für innovative und zukunftsträchtige Technologie wesentlich mehr zu bezahlen. «Dabei», so Brachmann, «hat die Brennstoffzelle das Potential, gesamtheitlich zur Lösung der Probleme, z.B. der Luftreinhaltung, beizutragen».

 

Publikum mit zurückhaltendem Interesse

Das Publikum zeigte im Anschluss an die Referate, dass es der Brennstoffzellentechnologie eher zurückhaltend gegenüber steht. Vor allem interessierte es sich für die Risiken, Wasserstoff in Fahrzeugen mitzuführen. Thomas Brachmann sieht ein «nicht grösseres Gefahrenpotential als bei mit Benzin betriebenen Fahrzeugen», sonst würde ein Auto die Zulassung nicht erhalten.

«Wieso wird auch heute noch für die Brennstoffzelle als Treibstoff auf fossile Energieträger gesetzt, obwohl diese immer knapper werden?», fragte ein Zuhörer. Die Brennstoffzelle erfülle die Forderung nach Nachhaltigkeit auch, wenn sie z.B. mit Biogas betrieben wird. Wasserstoff sei einfach noch nicht flächendeckend erhältlich. Die Energie zur Produktion stamme ausserdem aus fossilen Trägern, solange die Photovoltaik noch nicht ausreicht. Bis die Schwierigkeiten vielleicht in 50 Jahren gelöst sind, seien «Zwischenlösungen» gefragt.

 

Redaktion

Rémy Nideröst, Abt. Kommunikation, Tel.  +41 44 823 45 98,

 

Fachliche Auskünfte

Dr. Peter Holtappels, Tel. +41 44 823 41 29,

 

 

Was ist der Wissenschaftsapéro?

An den regelmässig stattfindenden Wissenschaftsapéros greift die Empa-Akademie fachlich und gesellschaftlich relevante Themen auf. Jeweils drei bis vier ReferentInnen aus Forschung, Politik und Wirtschaft präsentieren in ihren Vorträgen Ergebnisse und Absichten zu dem behandelten Thema. Anschliessend stehen sie auch den nicht mit dem Fach vertrauten Gästen entweder in der Diskussionsrunde oder beim Apéro Rede und Antwort.

Der nächste Wissenschaftsapéro findet statt am 5. Dezember 2005 zum Thema «Es rumpelt und kreischt – ist Eisenbahnlärm unvermeidlich?». Ort: Empa, Dübendorf, Zeit: 16.30 Uhr. Es ist keine Anmeldung erforderlich.