Digital vorgefertigte Holzmodule für «DFAB HOUSE»

Roboter arbeiten zusammen an NEST-Unit

22.03.2018 | ETH KOMMUNIKATION

Forschende der ETH Zürich überführen ein neues digitales Holzbauverfahren erstmals von der Forschung in die Praxis. Die von Robotern vorfabrizierten, tragenden Holzmodule kommen in der Unit «DFAB HOUSE» im Forschungs- und Innovationsgebäude NEST der Empa und der Eawag zum Einsatz und vereinen Architektur mit Robotik und Handwerk.

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Ein Projektmitarbeiter verschraubt manuell Holzbal-ken, die von zwei Robotern gemeinsam vorplatziert wurden. © NFS Digitale Fabrikation / Roman Keller

Die Digitalisierung hat im Holzbau Einzug gehalten: Ganze Bauelemente werden bereits heute mit computergestützten Anlagen gefertigt. Dabei wird das Rohmaterial zwar von Maschinen zugeschnitten, danach jedoch meist manuell zu einem ebenen Rahmen verbaut. Dieser Fertigungsprozess schränkte die geometrische Gestaltungsfreiheit bis anhin stark ein.

Im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunktes (NFS) «Digitale Fabrikation» haben Forschende der ETH Zürich nun ein neues, digitales Holzbauverfahren entwickelt. Es erweitert die Möglichkeiten der traditionellen Holzrahmenbauweise, indem es erlaubt, geometrisch komplexe Holzmodule effizient zu realisieren. «Spatial Timber Assemblies» wurde in enger Zusammenarbeit mit der Erne AG Holzbau entwickelt und wird im «DFAB HOUSE» im Forschungs- und Innovationsgebäude NEST der Empa und Eawag in Dübendorf erstmals eingesetzt. Gleichzeitig handelt es sich um das erste Mal, dass ein grossmassstäbliches Architekturprojekt mit den Baurobotern des neuen «Robotic Fabrication Laboratorys» der ETH Zürich umgesetzt wird.

Mit robotischer Präzision

In einem ersten Schritt nimmt ein Roboter einen Holzbalken auf und führt ihn einer Säge für den Zuschnitt zu. Nach einem automatisierten Werkzeugwechsel bohrt ein zweiter Roboter die erforderlichen Löcher für die Anschlüsse zu den verbindenden Balken vor. Abschliessend kooperieren die beiden Roboter und ordnen die Balken gemäss Computerentwurf präzise im Raum an. Damit es beim Positionieren der einzelnen Holzbalken nicht zu Kollisionen kommt, haben die Forschenden einen Algorithmus entwickelt, der den Bewegungspfad für die Roboter anhand des Baufortschritts fortlaufend neu berechnet. Handwerker verschrauben die Balken anschliessend manuell.

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Visualisierung der Unit DFAB HOUSE auf dem modularen Forschungs- und Innovationsgebäude NEST der Empa und Eawag in Dübendorf.© NFS Digitale Fabrikation, September 2017
Nachhaltiger und individueller bauen

Im Gegensatz zur traditionellen Holzrahmenbauweise kann bei «Spatial Timber Assemblies» auf Verstärkungsplatten zur Aussteifung verzichtet werden, denn die erforderliche Steifigkeit und Tragfähigkeit resultiert aus der geometrischen Anordnung. Das spart nicht nur Material, sondern eröffnet auch gestalterisch neue Möglichkeiten. Insgesamt sechs räumliche, geometrisch individuelle Holzmodule werden auf diese Weise erstmals vorfabriziert. Lastwagen bringen sie dann auf die Baustelle des «DFAB HOUSE» im NEST in Dübendorf, wo sie zu einer doppelstöckigen Wohneinheit mit einer Fläche von mehr als 100 m2 zusammengefügt werden. Die komplexe Geometrie des Holzbaus wird dereinst hinter einer lichtdurchlässigen Membranfassade sichtbar bleiben.

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Hochpräzise, robotische Positionierung eines Holzbalkens gemäss Computerentwurf.© NFS Digitale Fabrikation / Roman Keller
Integrierte digitale Bauweise

Die Informationen darüber wie die Holzbalken zugeschnitten und angeordnet werden müssen, beziehen die Roboter aus einem computergestützten Gestaltungsmodell. Dieses wurde eigens ihm Rahmen des Projektes entwickelt und hat auf Basis verschiedener Eingabeparameter eine Geometrie aus insgesamt 487 Holzbalken generiert.

Dass bei «Spatial Timber Assemblies» nicht nur digital fabriziert, sondern auch entworfen und geplant wird, ist für Matthias Kohler, Professor für Architektur und Digitale Fabrikation an der ETH Zürich und Projektinitiant des «DFAB HOUSE», ein entscheidender Vorteil: «Verändert sich etwas im Gesamtprojekt, kann das Computermodell laufend an die neuen Anforderungen angepasst werden. Diese integrierte digitale Bauweise überwindet die Distanz zwischen Entwurf, Planung und Ausführung.»

Erfolgsrezept Wissensaustausch

Bereits beim robotergebauten Holzdach des Arch_Tech_Lab auf dem ETH-Campus Hönggerberg arbeitete die ETH Zürich erfolgreich mit Erne AG Holzbau zusammen. Im Rahmen von «Spatial Timber Assemblies» fliesst nun erneut Holzbauwissen des Unternehmens in die ETH Forschung mit ein. Kohler ist vom Synergieeffekt dieser Zusammenarbeit überzeugt: «Die digitale Fabrikation ist auf das enorme Wissen, das im Handwerk steckt, angewiesen. Umgekehrt kann die Digitalisierung das Handwerk aufwerten und neue Möglichkeiten eröffnen». Dass die wissenschaftlichen Disziplinen Hand in Hand mit der Industrie arbeiten, sei ausserdem ausschlaggebend dafür, dass Technologien nach so kurzer Zeit bereits in die architektonische Anwendung überführt werden können, so Kohler.

Redaktion / Medienkontakt

Zur Medienmitteilung der ETH Zürich

Hörfunkbeitrag im Wissenschaftsmagazin, SRF2 Kultur vom 24. März 2018