Jahresmedienkonferenz 2006
Empa 2006: Brücke zwischen Materialforschung und praktischer Anwendung
Vor genau einem Jahr beging die Empa ihr 125-jähriges Jubiläum. Trotz all der Feierlichkeiten haben sich die Mitarbeitenden auch im Jubiläumsjahr voll und ganz auf ihr Kerngeschäft konzentriert der anwendungsorientierten Forschung in den Bereichen Materialwissenschaft und Technologieentwicklung. Einige Highlights davon wurden am 20. Juni den Medien präsentiert.

Lange Jahre haben Materialprüfung und weitere Dienstleistungen das Image der Empa geprägt. Seit fünf Jahren jedoch werde die Empa vermehrt in andere Gewässer geführt, sagte CEO Prof. Dr. Louis Schlapbach an der Jahresmedienkonferenz. So sei letztes Jahr der Forschungsbereich weiter gewachsen. Ausdruck davon ist beispielsweise die stark gestiegene Anzahl Doktorierende. Diese nahm um über ein Drittel auf gut 130 zu. Auch die deutlich höhere Zahl wissenschaftlicher Publikationen ist ein Indikator für die gewachsene Bedeutung des Forschungsstandbeins. Eine Forscherin und drei Forscher präsentierten an der Jahresmedienkonferenz vom 20. Juni ihre Arbeiten und zeigten so den Medienschaffenden, dass die Empa den Brückenschlag vom Labor zur Praxis in allen Dimensionen angeht von Nanometer grossen (oder besser kleinen) Objekten bis hin zu den mehrere Hundert Meter langen Brücken. | ||||
| Kohlenstoff: Grundstoff für neue Technologien Dr. Pierangelo Gröning, seit April des Jahres Leiter des Departements «Moderne Materialien, ihre Oberflächen und Grenzflächen» stellte das Element Kohlenstoff als das facettenreichste und spannendste des gesamten Periodensystems vor. Als organische Verbindung ist Kohlenstoff der Grundbaustein der Natur, in anorganischer Form ob als Diamant, Grafit oder Kohlenstofffaser weist er einzigartige physikalische Eigenschaften auf. | |||
Die hervorragenden mechanischen Eigenschaften der Fasern werden daher seit langem in Hightech-Produkten eingesetzt. Die Empa hat deren Potential auch für die Bauwirtschaft bereits früh erkannt und Anfang der 90er-Jahren begonnen, Lamellen aus mit Kohlenstofffasern verstärkten Kunststoffen (CFK) zur nachträglichen Verstärkung von Bauwerken und für CFK-Zugelemente beispielsweise für Hebevorrichtungen zu entwickeln. Beide Technologien sind heute etabliert und werden vom Empa-Spin-Off Carbo-Link erfolgreich weiterentwickelt und vermarktet. Auch zu Beginn der 90er-Jahre hat eine neue Form des anorganischen Kohlenstoffs erstmals für Aufsehen gesorgt, die Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Deren mechanische und elektrische Eigenschaften sind aussergewöhnlich. Die Empa arbeitet mit ihnen in zahlreichen Projekten: Entwicklung neuer CFK, die durch Zugabe von Kohlenstoff-Nanoröhrchen noch stabiler und leichter werden, sowie von transparenten, elektrisch leitenden Schichten, welche als Elektroden in Solarzellen oder als Elektronenquelle für neuartige Flachbildschirme, Mikrowellenverstärker oder Röntgenröhren verwendet werden könnten. Den Aussichten auf verbesserte Eigenschaften von Werkstoffen und Produkten dank Nanoröhrchen stehen aber auch mögliche Risiken entgegen. Die Empa beschäftigt sich daher im Projekt «Nanorisk» auch mit möglichen Schattenseiten verschiedener Nanopartikel, um die Entwicklung innovativer, sicherer und langfristig erfolgreicher Technologien zu fördern. | ||||
| Strom aus Wärme: Keramische Materialien für thermoelektrische Wandler | |||
Materialien, die auch bei höheren Temperaturen stabil bleiben und Wärme effizient in Strom wandeln, würden es ermöglichen, die Thermokraft für die Nutzung von Sonnenenergie, Erdwärme und sogar Abwärme von Maschinen einzusetzen. Herkömmliche thermoelektrische Materialien mit grossem Energiewandlungs-Wirkungsgrad sind allerdings meist toxisch und an der Luft nicht temperaturstabil. Empa-ForscherInnen entwickeln in einem neuen Projekt seit rund zwei Jahren oxidische Thermoelektrika, z.B. Eisen-, Titan- oder Kalziumoxid. Sie untersuchen die thermoelektrischen Eigenschaften dieser nicht-toxischen Keramiken mit perowskitartigen Strukturen und bringen gezielt strukturelle Änderungen ein. So synthetisierten sie etwa Nanopartikel der Metalloxide, die deutlich verbesserte thermoelektrische Eigenschaften als das Ausgangsmaterial aufwiesen. | ||||
| Neuartige Krebsbehandlung dank Materialforschung: Mit leuchtenden Textilien zur photodynamischen Krebstherapie Dr. Markus Rothmaier von der Abteilung «Schutz und Physiologie» berichtete über eine neue Anwendung von leuchtenden Textilen in der Krebstherapie mit Hilfe der photodynamischen Therapie. Dabei wird dem Patienten ein Farbstoff verabreicht, der sich selektiv im Tumorgewebe anreichert. | |||
Wird das Tumorgewebe anschliessend mit Licht einer bestimmten Wellenlänge beleuchtet, entstehen aus dem Farbstoff und dem im Gewebe vorhandenen Sauerstoff zellschädigende Substanzen. Als Resultat sterben die Tumorzellen ab. Zur Behandlung von komplexen Oberflächen und Körperhöhlen (z.B. Lippe, Zunge, Mund- und Rachenraum oder Gebärmutter) wird eine flächige Beleuchtung benötigt, die sich flexibel an das zu behandelnde Gewebe anpasst. Der neuartige textile Lichtverteiler der Empa, der auf gestickten polymeren Lichtleitern basiert, ist anders als bei herkömmlichen Behandlungstechniken in direktem Kontakt mit der zu behandelnden Körperoberfläche. Er lässt sich zudem leicht formen und drapieren, ist einfach für den behandelnden Arzt zu kontrollieren und reduziert die Einflüsse, die durch Bewegungen des Patienten, z.B. durch die Atmung, entstehen. In Zusammenarbeit mit dem Tierspital Zürich und der Firma Bischoff Textil wurden bereits erste Studien an tierischen Patienten mit viel versprechenden Ergebnissen durchgeführt. Demnächst werden am Universitätsspital Zürich im Rahmen einer klinischen Studie die ersten HumanpatientInnen damit behandelt. | ||||
| Smarte Materialien im Dienste der Sicherheit: Wie Brücken schwingungssicher werden | |||
Die Frage, die sich die Empa-Fachleute in diesem Zusammenhang stellen, ist, wie die Schwingungsanfälligkeit bereits bestehender oder geplanter Brücken sich vorhersagen lässt. Wie können wir unsere Brücken überwachen? Wie können wir unsere Brücken wieder instand setzen, falls Defizite festgestellt werden? Die Empa arbeitet an möglichen Lösungen, unter anderem entwickelt sie Sensorsysteme und adaptive Schwingungsdämpfer, die gezielt auf die tatsächlich vorhandene Schwingung reagieren; einige dieser adaptiven Systeme werden gerade an einer grossen Hängeseilbrücke in Dubrovnik eingebaut. Es handelt sich dabei um den ersten Feldversuch mit adaptiven Schwingungsdämpfern. Technologietransfer einerseits einfacher Kontakt andererseits | ||||
Weitere Informationen Dr. Michael Hagmann, Leiter Kommunikation, Tel. +41 44 823 45 92, | ||||