Nachhaltiger Umgang mit Treibstoffen und Fahrzeugen

Verkehrs-Szenarien für die Zukunft

Apr 24, 2002 | MARTINA PETER

Die Empa-Akademie lud zum vierten Mal zum Wissenschaftsapéro und über hundert Gäste kamen. Sie lauschten einem Autohersteller, einem Motorenentwickler und einem Raum- und Umweltplaner, welche ihre Projekte und Visionen für Treibstoffe und Fahrzeuge für die 2000-Watt-Gesellschaft vorstellten.

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Christian Bach, Empa
 

Da die weltweiten Erdöl-Reserven immer knapper werden, ist es dringend nötig, neue Verkehrs-Szenarien zu entwerfen, den Einsatz von neuen Treibstoffen zu fördern und geeignete Fahrzeuge bereitzustellen.

Das Auto von morgen fährt nicht mehr mit Benzin, darin waren sich Christian Bach von der Empa und Andreas Klugescheid von der BMW Group München einig. Gleichgültig, ob der nächste eigene PKW jedoch mit Erdgas oder Wasserstoff fahren wird – Kurt Egli von der VCS Auto-Umweltliste plädierte für ein grundsätzliches Umdenken und eine kombinierte Mobilität.

 

Wasserstoff führt Verbrennungsmotoren in eine mobile Zukunft

 
Andreas Klugescheid, BMW Group, München
 

Mit alternativen Brennstoffen lassen sich nicht nur CO2- und andere Luftschadstoff-Emissionen verringern, auch Abhängigkeiten von Energie-Importen können so vermieden werden.Tatsächlich sei das Potenzial gegeben, so Andreas Klugescheid von BMW, den gesamten EU-Treibstoffbedarf mit in Europa erzeugter, erneuerbarer Energie (Sonne, Wind etc.) abzudecken.

 

Keine Notlösung ist für BMW deshalb das Projekt «CleanEnergy», in dem an Fahrzeugen mit Wasserstoffmotor geforscht wird. Als Grundlage für das Wasserstoffauto dient seit den 70er-Jahren das jeweils aktuelle BMW 7er-Modell. Als Knackpunkte in der Forschung stellten sich Motorbau und Packaging heraus. Neue Ideen mussten gefunden werden, um beispielsweise den flüssigen Wasserstoff bei minus 253 Grad Celsius zu lagern. Ferner soll auch Kundenwünschen hinsichtlich Komfort und Sicherheit entsprochen werden. Der Zeitpunkt sei nun gekommen, so führte Klugescheid aus, um mit dem erfolgreich erprobten, emissionsarmen Modell Geld zu verdienen: Das Auto mit Flüssigwasserstoff im Verbrennungsmotor soll darum bald in Serie gehen.

 

Mit Erdgas zu niedrigstemittierenden Fahrzeugen

 

Erfahrung mit Fahrzeug-Prototypen, welche alternativen Treibstoff verwenden, hat auch Christian Bach, Motorenentwickler an der Empa. Die Empa beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit Erdgasfahrzeugen und hat gemeinsam mit der ETH Zürich und Industriepartnern vor zwei Jahren das «Clean Engine Vehicle»-Projekt zur Entwicklung eines verbrauchsarmen und niedrigstemittierenden Erdgasfahrzeuges gestartet.

 

Das ungiftige Erdgas ist ein attraktiver Treibstoff mit sehr niedrigen Abgasemissionen und ermöglicht dank der hohen Oktanzahl und dem niedrigen Kohlenstoffanteil deutlich geringere CO2-Emissionen als Benzin- oder Dieselfahrzeuge. Christian Bach erklärte, wie das Projektteam die CO2-Emissionen des 1,0-l-Benzinmotors mit 50 PS durch Umbau auf monovalenten Erdgasbetrieb und trotz einer Leistungssteigerung auf 60 PS um mind. 30% senken will. Das liegt deutlich unter dem Wert von 140 g/km, den die Autohersteller laut einer Selbstverpflichtung als Mittelwert aller neu zugelassenen Personenwagen bis 2008 in der EU erreichen wollen. So tiefe CO2-Emissionen sind heute mit keinem anderen serientauglichen Antriebskonzept realisierbar. Diese gute Bilanz wird noch besser, wenn regenerativ erzeugtes Methan (z.B. Kompogas) verwendet wird.

 

Intelligentes Mobilitätsmanagement ist vonnöten

 
Kurt Egli, VCS Auto-Umweltliste, Winterthur
 

Auch wenn dank technologischer Möglichkeiten wie beispielsweise dem 3-Weg-Katalysator die Schadstoffemissionen von Fahrzeugen nachhaltig verbessert werden konnten, sind noch weitere Emissions-Absenkungen notwendig. Diese sind nur erreichbar, wenn auch das Mobilitätsverhalten überdacht wird.

 
Der stark durch Individualität geprägte und vom Auto dominierte Freizeitverkehr ist bereits für mehr als 60% der Personenkilometer verantwortlich. Es ist daher angebracht, so der Raum- und Umweltplaner Kurt Egli von der VCS Auto-Umweltliste, Ansätze für ein intelligentes Mobilitätsmanagement weiter mit Nachdruck zu fördern. Häufiger zum Einsatz kommen sollten aufeinander abgestimmte Reiseketten: Mit der Bahn statt mit dem Privatwagen ins Tessin reisen und dort das stationierte Mobility-Auto in Anspruch nehmen, das ist eine ökologische Lösung, die auch hinsichtlich der Schadstoffe am meisten Sinn macht. Mit diesen rein organisatorischen Massnahmen, so ist Kurt Egli überzeugt, lassen sich die wirkungsvollsten CO2-Einsparungen realisieren.