13. Wissenschaftsapéro an der Empa-Akademie

Korrosion mit zwei Gesichtern

Sep 3, 2003 | MARTINA PETER

Die Korrosion ist ein zweischneidiges Schwert: Die durch Einwirkung der Atmosphäre entstandene Patina von Metall verleiht einer Gebäudeaussenhülle ästhetischen Charakter und erfüllt einen Schutzmechanismus. Korrodierte Abschwemmprodukte von Metall hingegen, die in die Umwelt gelangen, verlangen nach Massnahmen wie Schadstoffschranken oder den Einsatz von Alternativprodukten.

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Am Freibewitterungsstandort der Empa in Dübendorf werden u.a. die Abschwemmraten der Metalle gemessen.
 

Unter dem Titel «Korrosion - Nur die Spitze des Eisbergs?» referierten drei Fachleute aus Wirtschaft und Forschung am Wissenschaftsapéro vom 25. August an der Empa-Akademie.

Futuristisch anmutende Gebäude, wie beispielsweise das viel zitierte Guggenheim-Museum in Bilbão, sind Repräsentanten für die moderne Metalldächer- und Fassadenarchitektur. Ihre Zukunft ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Darüber wurde am Wissenschaftsapéro an der Empa-Akademie kontrovers diskutiert. Über die architektonischen Vorzüge der Gebäudeaussenhüllen aus Metall waren sich die Referenten einig. Genannt wurden z.B. ihre Langzeitbeständigkeit, Festigkeit, Verformbarkeit wie auch die enormen gestalterischen und konstruktiven Möglichkeiten. Einzig bei den Auswirkungen der Korrosion auf die Umwelt wurden unterschiedliche Standpunkte vertreten.

 

Die Diskussion über Korrosionsprodukte verlangt nach zuverlässigen Daten

Als mögliche Quelle von Umweltverschmutzungen, so Oliver von Trzebiatowski von der Empa, kommen auch Metalle von Dächern und Fassaden in Betracht. Deshalb seien gesicherte Daten im Hinblick auf zukünftige Ökobilanzierungen besonders wichtig, erläuterte der Leiter der Abteilung «Metallische Werkstoffe». Er präsentierte die neusten Ergebnisse von umfangreichen Freibewitterungsversuchen der Empa, die sich vor allem der Wirkung von klimatischen Faktoren und von Schadgasen an metallischen Oberflächenmaterialien widmen.

Im Rahmen einer Studie über die Einflussgrössen der atmosphärischen Korrosion erhält die Empa periodisch Daten von sieben über die ganze Schweiz verteilten Stationen.

 
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Eine Auswahl der gebräuchlichsten Metalle sind an den NABEL-Standorten der freien Witterung ausgesetzt.
  Diese stimmen mit dem NABEL-Netz (Nationales Beobachtungsnetz für Luftfremdstoffe) überein, welches jährlich die Situation der Luftbelastung für die Schweiz beurteilt und kommentiert. Eine Auswahl der gebräuchlichsten Metalle ist an den NABEL-Standorten der freien Witterung, also Klima und Luftschadstoffen, ausgesetzt.
 

Während die Korrosionsgeschwindigkeit für den ökonomischen Aspekt wichtig ist, sind die so genannten «Runoff rates» für die ökologische Beurteilung von Belang. Als «Runoff rate» oder Abtragsrate werden Korrosionsprodukte bezeichnet, welche abgeschwemmt werden und mit dem Regenwasser in die Kanalisation oder in den Boden gelangen. Gemäss den aktuellen Forschungsergebnissen der Empa zeigen Kupfer, Zink und Blei messbare Abtragsraten (0.2 bis 0.5 Mikrometer pro Jahr). Diejenigen von Aluminium, nicht rostendem Stahl und Titan sind mit unter 0.1 Mikrometer pro Jahr vernachlässigbar klein. Da die NABEL-Standorte die am häufigsten vorkommenden Belastungssituationen in der Schweiz repräsentieren, kann eine fast flächendeckende Karte über die «Runoff rates» erstellt werden.

 
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Eine Karte der Schweiz, die fast flächendeckend Auskunft über die Abtragsraten von Kupfer gibt.
 
 

Bei den Auswirkungen scheiden sich die Geister

Prof. Dr. Markus Boller von der Eawag in Dübendorf forderte konkrete Massnahmen, um der diffusen Umweltverschmutzung durch Korrosionsprodukte von Gebäudeaussenhüllen entgegenzuwirken. Er nannte einerseits Massnahmen an der Quelle, die er als Prävention in Form von Richtlinien, Empfehlungen und Informationen formulierte, anderseits natürliche Barrieren-Systeme. Diese seien in der Praxis sehr wirksam aber nicht langfristig nachhaltig. Anders verhalte es sich z.B. mit Richtlinien für den Bau kostspieliger Barrieren-Systeme, die zur Anwendung alternativer Materialien ermutigen.

Als Vertreter aus der Wirtschaft machte Peter Leutenegger von der KME (Suisse) vor allem auf die ausgezeichneten materiellen Eigenschaften der Dünnbleche für die Architektur aufmerksam. Deren Nebenwirkungen auf die Umwelt relativierte er und wagte die Behauptung, Dünnbleche seien ökologisch unbedenklich. Trotzdem habe die KME (Suisse) Regenwasserfilter entwickelt und bereits in ihrem Sortiment.

Text: Manuel Martin

 

Fachliche Auskünfte:

Oliver von Trzebiatowski, Abteilung Metallische Werkstoffe, Tel. +41 1 823 41 36, E-mail:

 

Redaktion:

Martina Peter, Abteilung Kommunikation/Marketing, Tel. +41 1 823 49 87, E-mail: