Chancen und Möglichkeiten

Nanotechnologie bewegt!

18 mars 2009 | CORNELIA ZOGG
Nanotechnologie gilt als die Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts. Sei es für den Stahlbau, die Informatik, Textilbranche oder Kosmetik: Nano hält für alle etwas bereit. Der 40. Wissenschaftsapéro an der Empa in Dübendorf klärte über die zahlreichen Chancen und Möglichkeiten der Nanotechnologie auf.
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Legende: Der Natur abgeschaut: Ein Lotusblatt dient Schmutz abweisenden Textilien als Vorbild. Feinste Partikel sorgen dafür, dass Schmutz und Wasser einfach abperlen.
 
«Es darf viel erwartet werden», meinten die VertreterInnen aus Industrie und Forschung. Nicht nur, dass Nanopartikel bereits heute in zahlreichen Alltagsgegenständen präsent sind, auch in Zukunft habe Nanotechnologie viel zu bieten. Wie bereits zum Wissenschaftsapéro im letzten November fanden sich auch dieses Mal knapp zweihundert Personen ein, die mehr über diese Technologie erfahren wollten und anschliessend die Gelegenheit nutzten, mit den ReferentInnen zu diskutieren. Doch während bei der November-Veranstaltung die Risiken der revolutionären Technologie im Zentrum standen, widmeten sich die Vortragenden am 40. Wissenschaftsapéro vom 16. März den beachtlichen Chancen und Möglichkeiten.
 

Nano gehört mittlerweile zum Alltag
Bereits heute finden sich Nanopartikel in zahlreichen Alltagsprodukten der Kosmetik-, Medizin-, Elektronik- und Bekleidungsindustrie, zum Beispiel in Hautcrèmes und Zahnfüllungen, in Bildschirmen und Schmutz abweisenden Textilien. Auch die Papierindustrie nutzt die Vorteile der Nanotechnologie, wie Rita Hofmann von Ilford Imaging in ihrem Vortrag erläuterte. Fotopapier beispielsweise erhält eine transparente Nano-Oberfläche, die die Druckfarbe nicht nur schneller trocknen lässt und wasserfest macht; mit Nano bekommt das Papier auch mehr Glanz und Brillanz.
 
Ebenso hat Nanotechnologie Eingang in die Metallverarbeitung gefunden. Benedikt Moser von Alcan Technology & Management erklärte den ZuhörerInnen, wie vorteilhaft nanokristallines Metall ist. Als «nanokristallin» wird Metall – Aluminium, Stahl etc. – bezeichnet, wenn es derart fein gemahlen ist, dass die Partikel nur noch Nanogrösse besitzen. Werden diese feinen Partikel weiterverarbeitet, ändern sich allerdings ihre Formen: Es kommt zu Deformationen und Gitterbaufehlern in Kristallen, so genannten Versetzungen. Mit dem Einsatz von Nanotubes – künstlich hergestellten Nanoröhrchen – sollen diese «Fehler» in Zukunft verhindert werden.
 

Die Natur als Vorbild
«Dank der Nanowissenschaft gewinnen wir viele Erkenntnisse über Eigenschaften in der Tier- und Pflanzenwelt», so Empa-Physiker Pierangelo Gröning in seinem Referat. Lotusblätter dienen Schmutz abweisenden Textilien als Vorbild: Feinste Partikel auf ihren Oberflächen sorgen dafür, dass Schmutz und auch Wasser nicht darauf haften können und einfach abperlen. Der Gecko kann mit seinen Füssen überall haften, die Fischerspinne bleibt trotz Kontakt mit Wasser trocken, ein Schmetterling schimmert auch ohne Farbpigmente rot, grün oder blau. Das Geheimnis dieser Phänomene liegt im Bereich der Nanometerskala. Die Nanowissenschaften arbeiten daran, die Phänomene zu durchschauen und zu rekonstruieren; viele Erkenntnisse wurden bereits auf Materialien übertragen, die heute im Alltagseinsatz stehen.
 


Risiken noch immer ein Thema
Die zahlreichen Fragen zu Nano-Produkten und Eigenschaften der Nanopartikel haben bewiesen: Das Thema beschäftigt nicht nur WissenschaftlerInnen, sondern bewegt und fasziniert nach wie vor auch die Öffentlichkeit. In den Voten der ZuhörerInnen kamen allerdings auch Befürchtungen und diffuse Ängste zur Sprache. Diesen zu begegnen, Sachverhalte zu klären, Transparenz in schwierige Themen zu bringen, gehört zu den Aufgaben des Empa-Wissenschaftsapéros. Deshalb beantworteten die ReferentInnen auch aufmerksam nicht nur die Fragen nach Chancen und Möglichkeiten, sondern auch nach der Sicherheit von Nanopartikeln. Die Arbeit mit den feinen Partikeln werde überall streng überwacht. Denn nicht nur Bund und Krankenkassen sind daran interessiert, sowohl Labor-MitarbeiterInnen als auch KonsumentInnen vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren. So, wie die Nanotechnologie beispielsweise heute bei Papierunternehmer Ilford eingesetzt wird, gelte sie als sicher und ungefährlich. Die Suva habe die Prozesse rund um den Einsatz von Nanopartikeln bei der Papierbeschichtung genau unter die Lupe genommen – und für gut befunden, erklärte Rita Hofmann von Ilford. Um Prozesse und Produkte als «ungefährlich» zu bezeichnen, müssen sie allerdings zuerst fertig gestellt werden, gab Pierangelo Gröning zu bedenken. Erst dann können und müssen sie auf ihre Sicherheit geprüft werden.


Text: Cornelia Zogg