Internationale Expertinnen und Experten für Brennstoffzellen treffen sich in Dübendorf

Brennstoffzellen – effiziente und nachhaltige Stromquellen

Mar 13, 2006 | BEAT ASCHWANDEN
Brennstoffzellen gelten als Energielieferanten der Zukunft; ob als Antriebsquelle für Fahrzeuge, als Stromlieferant für Laptops, Handys, Mehrfamilienhäuser oder ganze Kraftwerke – der umweltfreundliche Batterieersatz lässt sich (zumindest theoretisch) fast überall einsetzen.
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Legende: Aus den an der Empa entwickelten Keramikpulvern werden die für die Brennstoffzellen erforderlichen Anoden (schwarz), Kathoden (grün) und Elektrolyte (weiss) geformt.

 

Dazu müssen allerdings erst die «Kinderkrankheiten» der neuen Technologie überwunden werden. So sind etwa Lebensdauer – und damit Wirtschaftlichkeit – der Brennstoffzellen sowie ihr Wirkungsgrad noch gering. Daher entwickeln WissenschaftlerInnen an der Empa neue, beständigere Materialien und evaluieren verschiedene Brennstoffzellensysteme auf ihre Praxistauglichkeit. Am 16. und 17. März sind sie Gastgeber für das vom Bundesamt für Energie (BFE) initiierte «Fuel Cell Research Symposium», an dem internationale ExpertInnen die neusten Entwicklungen der Brennstoffzellentechnologie vorstellen, vor allem auf dem Gebiet der Computersimulation und -modellierung.

Brennstoffzellen wandeln chemische Energie direkt in Elektrizität und Wärme um. Die Idee ist alt; bereits im 19. Jahrhundert wurde eine erste Version präsentiert. Funktionsprinzip und Aufbau haben sich seither kaum verändert: Brennstoffzellen bestehen aus Kammern mit je zwei Elektroden, einer Anode und einer Kathode, zwischen denen sich ein elektrisch leitender «Elektrolyt» befindet. Der einen Elektrode wird Brennstoff zugeführt, etwa Wasserstoff, der anderen der zur Verbrennung nötige Sauerstoff. Anstatt wie in der berüchtigten «Knallgasreaktion»äusserst heftig zu Wasser zu reagieren, verläuft die Reaktion in der Brennstoffzelle an den räumlich getrennten Elektroden. Die bei der Reaktion frei werdende Energie erzeugt elektrischen Gleichstrom und Wärme.
Geschieht dies bei Temperaturen unter 250ºC, wird von Nieder- und Mitteltemperatur-Brennstoffzellen gesprochen. Diese mit Wasserstoff betriebenen Brennstoffzellen treiben etwa Autos und U-Boote an. Entsprechend verkleinert verleihen sie Batterien und Akkus in mobilen Geräten wie Handys oder Laptops den nötigen Schnauf.

 
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Festoxid-Brennstoffzellen verbinden Wasserstoff oder andere flüssige oder gasförmige Brennstoffe mit Sauerstoff und erzeugen dabei elektrische Energie. Als «Abfallprodukte» entstehen nur Wasser und Kohlendioxid.
 

Manche mögens heiss

In Heizkraftwerken kommen dagegen Hochtemperatur-Brennstoffzellen zum Einsatz, wie sie auch an der Empa entwickelt werden. Diese so genannten Festoxid-Brennstoffzellen (Solid Oxide Fuel Cells, SOFC) mögen es in der Tat heiss. Bei Temperaturen zwischen 600 und 1100ºC betrieben, sind SOFC nicht besonders wählerisch, was den Brennstoff angeht; sie funktionieren mit natürlichem Erdgas und Erdöl, aber auch mit erneuerbaren Brennstoffen wie Biogas. Selbst Verunreinigungen wie Schwefel oder Stickstoff tolerieren die SOFC, was eine teure Aufbereitung der Energieträger überflüssig macht.

 
«Hochtemperatur-Brennstoffzellen eignen sich vor allem für einen Einsatz in Industrieanlagen, die ohnehin viel Wärme produzieren. Dort könnte dann die anfallende Abwärme zur Stromerzeugung genutzt werden», sagt der Experte für Brennstoffzellen Peter Holtappels von der Empa-Abteilung Hochleistungskeramik, der das diesjährige Fuel Cell-Symposium organisiert. Aber auch als autonome, dezentrale Strom- und Wärmequellen in Wohnhäusern kämen SOFC in Frage. Zudem entstehen in einer SOFC – wie in allen Brennstoffzellen – keine schädlichen Abgase; beim Betrieb mit Wasserstoff entsteht reiner Wasserdampf. Werden andere Brennstoffe eingesetzt, gibt die SOFC zusätzlich lediglich Kohlendioxid ab – kein Rauch, kein Russ, keine giftigen Abgase.
 

Gebäude heizen und Strom liefern

Um Brennstoffzellen für den «Hausgebrauch» zu optimieren, kommen auch Computermodelle zum Einsatz. In dem von der EU geförderten Projekt «GenFC» (Generic Fuel Cell Modelling Environment) entwickelt die Empa-Forscherin Anne Haas Modelle, mit deren Hilfe Brennstoffzellen auf ihre Tauglichkeit in verschiedenen Anwendungsgebieten überprüft werden. Ganze Gebäude sowie die zugehörige Haustechnik – etwa Heizungs- und Kühlsysteme – werden am Computer simuliert. «Dabei interessieren uns vor allem der Komfort für die BewohnerInnen und der dazu nötige Energiebedarf», so Haas.

 

Kinderkrankheiten der Festoxid-Brennstoffzellen

Die SOFC-Technologie hat derzeit allerdings noch einige Probleme. Um den hohen Temperaturen über längere Zeit standzuhalten, ohne sich zu zersetzen, zu schmelzen oder mit anderen Bestandteilen beziehungsweise Stoffen zu reagieren, müssen die Materialien extrem widerstandsfähig sein. «Massgeschneiderte» Werkstoffe aus Hochleistungskeramik trotzen nicht nur der Hitze, sondern haben darüber hinaus weitere nützliche Eigenschaften; so leiten sie beispielsweise den elektrischen Strom in Form von Elektronen oder Ionen und können als feste Elektrolyte eingesetzt werden – daher auch die Bezeichnung Festoxid-Brennstoffzelle.

«Trotzdem ist die Lebensdauer einer Festoxid-Brennstoffzelle derzeit noch auf einige Monate beschränkt», sagt Peter Holtappels. Das stehe einer weiten Verbreitung der Technologie im Wege. «Denn wer will schon zweimal im Jahr seine Heizung ersetzen lassen?» Zudem seien die Herstellungskosten in der Grössenordnung von rund 100 000 Franken für eine gekoppelte Kraft-Wärme-Einheit eines Einfamilienhauses auch zu hoch.

 

«Wunderwerkstoff» Perowskit an der Empa

Damit sich die Hochtemperatur-Brennstoffzelle am Markt durchsetzen kann, müssen ihre Lebensdauer erhöht sowie die Material- und Herstellungskosten reduziert werden. Die Empa entwickelt dafür neuartige keramische Werkstoffe, die dann – zu den verschiedenen Komponenten wie Anode, Kathode oder Elektrolyt verarbeitet – in Brennstoffzellen eingesetzt werden. Dies sind beispielsweise verschiedene Perowskite, Materialien mit einer speziellen Kristallstruktur, aus denen unter anderem der Erdmantel besteht. Die Materialeigenschaften dieser «chemischen Chamäleons» lassen sich durch den Austausch bestimmter Elemente im Kristallgitter gezielt verändern. Dadurch entstehen neuartige Funktionsmaterialien, etwa ionisch leitende Festkörperelektrolyte, aber auch metallisch anmutende Materialien für die Elektroden. «Perowskite können fast alles», sagt Anke Weidenkaff von der Abteilung Festkörperchemie und -katalyse. Ihr Team entwickelt und charakterisiert neue Perowskite, die nicht nur in Brennstoffzellen, sondern auch in der Computer- und Halbleiterindustrie zum Einsatz kommen. Zudem könnten Perowskite in Zukunft teure und seltene Edelmetalle in Abgaskatalysatoren von Autos ersetzen, ist Weidenkaff zuversichtlich.

 

Weitere Informationen:

Dr. Peter Holtappels, Abt. Hochleistungskeramik, Tel. +41 44 823 41 29,
Dr. Anne Haas, Abt. Bautechnologien, Tel. +41 44 823 43 57,
Dr. Anke Weidenkaff, Abt. Festkörperchemie und -katalyse, Tel. +41 44 823 40 67,