Weiterbildung an der Empa-Akademie

Besser Entscheiden – mit Verstand oder Intuition?

Nov 25, 2005 | MARTINA PETER

Zehn Frauen trafen sich Mitte November zum zweitägigen Workshop „besser entscheiden“ an der Empa-Akademie in Dübendorf. Im Mittelpunkt stand die Frage „Intuition oder Verstand?“ Wer ist der bessere Ratgeber?

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„Seien Sie rational“ ist die zentrale Botschaft vieler Lehrbücher. Alle Aspekte entwirren, sämtliche Optionen gegeneinander abwägen und mögliche Auswirkungen berechnen; das ist das Ideal der rationellen Entscheidung. Doch: Weniger ist manchmal mehr, sagt Chris Roetheli, Entscheidungspsychologe und Dozent des Workshops „Besser entscheiden“ an der Empa-Akademie in Dübendorf. Denn häufig schlägt die Intuition jedes noch so ausgeklügelte Auswahlverfahren. In anderen Worten: Mitunter entscheidet der Bauch besser als der Kopf.

Doch in welchen Situationen kann man seiner Intuition vertrauen? Und wann ist nüchternes Abwägen besser? Diese Fragen wurden während des Kurses ausführlich diskutiert. Bekannt ist, dass vor allem Experten und Expertinnen sich letztlich vom Gespür leiten lassen, das ihnen die grosse Erfahrung mit ähnlichen Situationen eingibt. Und gerade dieser Erfahrungsschatz – das Expertenwissen – ist eine wesentliche Voraussetzung für gute intuitive Entscheidungen, erläutert Roethli. Denn das Gehirn ist fähig, Aspekte einzubeziehen, deren man sich gar nicht bewusst ist. Nüchternes Abwägen schade dann manchmal mehr als es nütze und benötige erst noch mehr Zeit.

Kopf oder Bauch?

Vorsicht ist jedoch geboten in Situationen, in denen der Laie nur über Halbwissen oder gar noch weniger verfügt. Etwa beim Kauf des ersten Autos oder der ersten Wohnung: Was ist ein angemessener Preis und welche Kriterien sind ausschlaggebend? Kann sich der Laie in dieser Situation nicht auf das Expertenwissen anderer Personen verlassen, rät Roetheli von einem intuitiven Entscheid ab. Hier ist eher analytisches Entscheiden gefragt.

Vor jedem Entscheid jedoch sollte immer die Frage stehen: Besteht tatsächlich ein echtes Bedürfnis? Oft sieht man sich vor Entscheidungen gestellt, ohne ein Bedürfnis zu spüren, betont Roetheli. Typisches Beispiel: „Rot- oder Weisswein?“. Ohne Durst (oder Lust) ist hier gar keine Entscheidung nötig. Aber nicht nur im Alltag, auch im Beruf werden immer wieder überflüssige Entscheidungen gefällt. Sieht sich eine Vorgesetzte mit einem Angestellten konfrontiert, der die „ideale Lösung“ gefunden hat, sollte sie zuerst analysieren, ob denn tatsächlich ein Problem existiert, welches so dringend gelöst werden muss.

Entscheiden Frauen anders?

Bei einem Kurs für Frauen blieb die Frage natürlich nicht aus: „Entscheiden Frauen anders als Männer?“. Nein, antwortete Roetheli. Im Allgemeinen entscheiden Frauen ähnlich wie Männer. Das Cliché, Frauen fällen eher Bauchentscheide, Männer eher Kopfentscheide, entspreche nicht der Realität.  Der einzige ihm bekannte Unterschied sei, dass Frauen eher die sichere Lösung bevorzugen, während Männer häufiger mit dem Risiko spielen.

Der Kurs stiess bei den Teilnehmerinnen auf gute Resonanz. Bleibt zu hoffen, dass das Gehörte auch in die Tat umgesetzt wird. Nicht nur im Beruf. Auch bei der allmorgendlichen  Entscheidung „Was ziehe ich heute an“ oder beim nächsten Einkaufsbummel durch ein Schuhgeschäft.

Organisatorinnen des Workshops:

Empa-Akademie

svin Schweizerische Vereinigung der Ingenieurinnen

FFU FachFrauen Umwelt

P, A, F. Planung, Architektur, Frauen

Redaktion

Bärbel Zierl