Computertomographie als Werkzeug der Paläontologie
Wiederauferstehung eines Ur-Nashorns
Ungewöhnliche Funde erfordern manchmal ungewöhnliche Methoden. So wird mit einem Computertomographen an der Empa, der normalerweise zur Untersuchung von Maschinenteilen dient, auch schon mal der versteinerte Schädel eines Ur-Nashorns gescannt. Mit den gewonnenen Daten rekonstruierten Paläontologen des Naturmuseums St. Gallen den Kopf und das Gebiss des urtümlichen Dickhäuters.

Legende: Der Computertomograph der Empa liess den Schädel eines Ur-Nashorns wiederauferstehen. Dies, ohne dass das Fossil dabei zerstört wurde. Auf den ersten Blick sieht der Klumpen in der Hand von Empa-Forscher Alexander Flisch aus wie ein Stück Fels. Bei näherer Betrachtung lassen sich zwischen dem hellgrauen Sedimentgestein jedoch schwarze versteinerte Reste eines Schädelknochens erkennen. Sogar Zähne sind auszumachen. Diese gehören zum Oberkiefer eines Ur-Nashorns, das vor über 18 Millionen Jahren bei uns gelebt hat. Ein Arbeiter entdeckte den fossilen Schädel vor einigen Jahren zufällig in einem Sandsteinblock, der jahrelang auf dem Gelände eines Steinbruchs im St. Gallischen Uznach gelagert hatte. Anfang letzten Jahres gelangte das seltene Fundstück schliesslich in den Besitz des Naturmuseums St. Gallen, das ihn zur computertomographischen Untersuchung an die Empa nach Dübendorf sandte. Dort ist der Schädel während einiger Wochen gründlich «durchleuchtet» worden. | ||||
| Schädel am Computer rekonstruieren In einem Glaszylinder bewegt sich der 45 Zentimeter hohe Schädel langsam vor der Röntgenröhre hin und her. Ihre Strahlen durchdringen den 22 cm dicken Sandstein, und nach gut elf Minuten liegt ein einzelnes Schichtbild des Ur-Nashornschädels vor, sozusagen ein virtueller Schnitt durch den Schädelknochen. Insgesamt 920 derartige Bilder werden aufgenommen, immer im Abstand eines halben Millimeters. Aus der riesigen Datenmenge entsteht auf dem Computerbildschirm ein dreidimensionales Modell vom Schädel. | |||
So lässt sich quasi die Wiederauferstehung eines Ur-Nashorns miterleben, der prähistorische Schädel kann dann von allen Seiten betrachtet werden. Für Urs Oberli, Präparator paläontologischer Funde, sind diese Bilder und Daten aus dem Tomographen die Basis für den Bau eines perfekten physischen Modells. «Der grösste Vorteil der Methode besteht darin, dass der Originalschädel durch die Untersuchung nicht zerstört wird», freut sich Toni Bürgin, Direktor des St. Galler Naturmuseums. Kürzere Entwicklungszeit mit der industriellen Computertomographie Kontakt Alexander Flisch, Empa, Abteilung Elektronik/Messtechnik/Zuverlässigkeit, Tel. 044 823 45 67, Dr. Toni Bürgin, Direktor St. Galler Naturmuseum, Tel. 071 242 06 70, Urs Oberli, paläontologischer Präparator, Tel. 071 245 51 56, oberliurs@gmx.ch Redaktion
TV-Hinweis: Das Schweizer Fernsehen SF1 strahlt am Donnerstag, 18. Mai 2006, in der Sendung Menschen, Technik, Wissenschaft (MTW) um 21.05 Uhr einen Beitrag über diesen fossilen Fund aus. | ||||
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