R’07 World Congress vom 3. bis 5. September 2007 in Davos

Wertvolle Materialien zurückgewinnen – und dabei erst noch Energie sparen

27.08.2007 | MICHAEL HAGMANN
Wie kann die globale Wirtschaft weiter wachsen, ohne dabei die Material- und Energievorräte der Erde aufzubrauchen? Anders gefragt: Wie lassen sich Abfälle besser wiederverwerten und Stoffkreisläufe schliessen, ohne dabei immer mehr Energie zu verbrauchen? Über diese Fragen diskutieren vom 3. bis 5. September in Davos rund 500 ForscherInnen aus 47 Ländern am «R’07 World Congress on Recovery of Materials and Energy for Resource Efficiency», der dieses Jahr von der Empa und der Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften organisiert wird.
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Eine globale Sichtweise sei beim Thema Recycling und Energieeffizienz unerlässlich, betont Lorenz Hilty, Leiter der Empa-Abteilung «Technologie und Gesellschaft» in St. Gallen und wissenschaftlicher Leiter der R’07. «Um die Material- und Stoffkreisläufe zu schliessen, müssen wir intelligente technische Lösungen finden und sie durch die richtigen Rahmenbedingungen und Anreize zum Leben erwecken. Letztlich geht es darum, den Wert von Materialien über ihren gesamten Lebenszyklus – von der Herstellung über die Nutzung bis zum Recycling – möglichst zu erhalten.» Einen besonderen Stellenwert habe dabei der Nord-Süd-Dialog, also die Zusammenarbeit mit Partnern aus Schwellenländern wie China, Indien und Südafrika, mit denen Hiltys Team bereits seit Jahren in Projekten zum Elektronik-Recycling, die das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) finanziert, erfolgreich kooperiert. Auch der im Rahmen der R’07 stattfindende SATW-Jahreskongress unter dem Motto «Spreading Innovation between Asian Nations and Switzerland» widmet sich diesem Thema. «Das Programm der R’07 kann sich sehen lassen – es bietet spannende Themen und weltweit erstklassige ReferentInnen», zeigt sich Hilty zufrieden.
 
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Brandrodung von Regenwald: Aufbereiten von Flächen für den Anbau von Energiepflanzen. (Foto: iStockphoto)
 

Die R’07 ist der achte Anlass in einer Reihe renommierter internationaler Kongresse, die seit 1993 alle zwei Jahre stattfinden, das letzte Mal 2005 in Peking. Seit 1995 ist die Empa massgebend an der Organisation beteiligt.

Mit Innovation zu mehr Rohstoff- und Energieeffizienz

Der R’07-Kongress richtet sich an Fachleute aus Wissenschaft, Ingenieurwesen, produzierender Wirtschaft und Recyclingindustrie sowie auch an Vertreter von Behörden und internationalen Organisationen.

 

Ziel der Konferenz ist es, den Teilnehmenden innovative Technologien vorzustellen, mit deren Hilfe sich Material- und Energieeffizienz bei Herstellung, Gebrauch und Wiederverwertung von Produkten steigern lassen. In Plenarvorträgen und Workshops geht es dabei um brisante Themen wie Biotreibstoffe und -materialien, Elektro- und Elektronikschrott, seltene Metalle, die beispielsweise in der Elektronikindustrie zum Einsatz kommen, «Zero-Waste»-Strategien, Recycling von Baumaterialien und Plastik, Ökobilanzierung und Lebenszyklusanalysen sowie Sonder- und Giftmüllbehandlung, aber auch um neue Wege der Mülltrennung und -entsorgung.

 
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Eine der unzähligen unorganisierten «Hinterhof-Recyclingfirmen» von E-waste in Entwicklungs- und Schwellenländern
 

Know-how der Empa für «emerging economies» durch globale Partnerschaften

Auch Empa-Forscher stellen an der R’07 ihre neuesten Ergebnisse vor. So vergleicht etwa David Rochat die Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt beim unorganisierten «Hinterhof-Recycling» von Elektro- und Elektronikschrott (e-Waste) im indischen Bangalore mit denen der industriellen Rückgewinnung von Metallen in Schmelzwerken und Raffinerien, wie dies in Europa üblich ist.

 

In Indien sind es meist ungelernte ArbeiterInnen, die unter einfachsten Bedingungen – und oft mit hoch toxischen Substanzen wie Quecksilber oder Zyanid – Gold, Silber, Palladium und andere wertvolle Metalle aus dem Elektroschrott zurückgewinnen. Dabei sind die Erträge der indischen Recycler erst noch deutlich geringer, wie Rochats Untersuchungen im Rahmen der Indo-Deutsch-Schweizerischen e-Waste-Initiative zeigen.

Anahide Bondolfi stellt anhand eines Fallbeispiels aus Südafrika so genannte «grüne e-Waste-Kanäle» vor, die bereits in mehreren Städten in China, Indien und eben Südafrika im Rahmen der globalen e-Waste-Partnerschaft des SECO und der Empa existieren. Dabei wird versucht, sämtliche Schritte der Recyclingkette so ökologisch und sozial verträglich wie nur möglich zu gestalten, angefangen vom Einsammeln der gebrauchten Geräte über das «Wieder-Aufrüsten» zum weiteren Gebrauch bis hin zu Demontage, Trennung und Rückgewinnung wertvoller Materialien. Ein Vergleich mit Erfahrungen aus China und Indien liefert ausserdem erste Hinweise darüber, wie grüne e-Waste-Kanäle generell am besten funktionieren beziehungsweise wo die Schwierigkeiten liegen.

 
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ArbeiterInnen entfernen unter einfachsten Bedingungen – oft mit hoch toxischer Substanzen – wertvolles Metall aus dem E-Schrott.
 

Die Probleme beim e-Waste-Recycling sind auch das Thema eines von Empa-Forscher Mathias Schluep geleiteten Workshops; viele der internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind laut Schluep in ihren Heimatländern «Pioniere» beim Aufbau und der Implementierung von e-Waste-Managementsystemen. Im Workshop werden zudem die Möglichkeiten globaler e-Waste-Partnerschaften diskutiert wie die im März 2007 lancierte StEP-Initiative («Solving the e-Waste Problem») unter Federführung der «United Nations University» (UNU) und anderer UN-Organisationen, an der auch die Empa beteiligt ist.

 
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Blühendes Rapsfeld: Rapsöl als Nahrungsmittel oder für Energiezwecke in Form von Biodiesel.
 

Umweltverträgliche Treibstoffe aus Abfall

Ein weiterer Workshop unter Leitung von Empa-Forscher Rainer Zah geht der Frage nach der Zukunft der Biotreibstoffe und -materialien nach. Unter welchen Bedingungen sind Biotreibstoffe ökologisch sinnvoll? In einer vor kurzem veröffentlichten Empa-Studie im Auftrag der Bundesämter für Energie, für Umwelt und für Landwirtschaft schnitten Biotreibstoffe aus Abfallstoffen am besten ab, vor allem, weil die dafür benötigten Rohstoffe nicht erst produziert werden müssen. Doch wie hoch ist das tatsächliche Potenzial von «Abfall-Treibstoffen»? Und wie lassen sie sich am effizientesten herstellen?

 

Christoph Knöri hat in einer anderen Empa-Studie die Wiederverwertung von Bauabfällen in den verschiedenen Teilen der Schweiz unter die Lupe genommen. Wie sich zeigt, ist die Akzeptanz des Baumaterial-Recyclings nicht überall gleich hoch; während im Wallis 87 Prozent der Bauabfälle wiederverwendet werden, sind es in Basel-Stadt lediglich 67 Prozent. Der Empa-Forscher stellt mit Hilfe von Computersimulationen dar, wie das Handeln der Hauptakteure wie Architekten und Ingenieure das Recycling-Verhalten einer ganzen Region beeinflusst.

 

Fachliche Informationen:

 

Redaktion:


Weitere Informationen zum R’07 Kongress unter www.r07.org
Weitere Informationen zum SATW-Kongress unter www.satw.ch

 
 
 
Auch SchülerInnen interessieren sich für die R’07
Eine Gruppe von SchülerInnen aus Schweizer Mittelschulen wird ebenfalls an der R'07 teilnehmen. Die Jugendlichen sollen durch ihre Kongressteilnahme lernen, sich selbstständig in ein komplexes Gebiet wie Ressourcen und Nachhaltigkeit einzuarbeiten. Dabei sammeln sie auch erste Erfahrungen im Umgang mit Expertinnen und Experten. Anschliessend präsentieren die SchülerInnen ihre Ergebnisse gemäss Projektleiter Markus Keller im Rahmen von Projekttagen an verschiedenen Kantonsschulen. «Wir sind neugierig, welche Auswirkungen die R’07 in unseren Schulen haben wird», so Keller.