Knochenbrüche ohne Elektronik überwachen

Ein kabelloser Knochen-Spion

17.09.2008 | CORNELIA ZOGG
Nach komplizierten Knochenbrüchen halten in der Regel spezielle Implantate den Knochen in der richtigen Position und lassen ihn korrekt zusammenwachsen. Ein von der Empa gemeinsam mit der ETH Zürich entwickelter mechanischer Sensor soll Zug- und Druckkräfte im Implantat messen und dabei helfen, den Heilungsprozess zu überwachen – und das ganz ohne Elektronik.
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Ein mechanischer Sensor im Implantat überwacht die Zug- und Druckkräfte, die mit Ultraschall „abgelesen“ werden können und sich am Computer auswerten lassen.
  Ein neuartiger Sensor soll Medizinern eines Tages helfen, gebrochenen Knochen beim Zusammenwachsen zuzuschauen. Anhand der gemessenen Kräfte können sie beurteilen, ob die Heilung gut voranschreitet oder ob Gefahr besteht, die Bruchstelle oder das Implantat zu überlasten. Bis jetzt setzen Mediziner für diese Aufgabe teure und komplizierte elektronische Helfer ein, welche die Daten «nach draussen» funken. Gemäss Felix Gattiker von der Empa-Abteilung «Elektronik/Messtechnik/Zuverlässigkeit» böte ein elektronikfreier Sensor dagegen etliche Vorteile – nicht zuletzt finanzieller Art. Das Ablesen der Daten übernimmt dabei ein Ultraschallgerät. Eine kleine Hohlspirale, die samt einem Flüssigkeitsreservoir auf dem Implantat sitzt, ist die Lösung. Zug- oder Druckkräfte, die auf das Implantat einwirken, verändern den Flüssigkeitspegel in der Hohlspirale. Über die Füllhöhe der Säule, die mit Hilfe eines Ultraschallgerätes ermittelt wird, lassen sich daher die Belastungen des Implantats berechnen.
 
Allerdings ist das Ultraschall-Bild zu unscharf, um den Flüssigkeitsstand visuell abzulesen. Daher machten sich die Empa-Forscher daran, das Ultraschallsignal genauer zu analysieren – und fanden einen Zusammenhang zwischen dem über die gesamte Spiralfläche integrierten Ultraschallecho und der tatsächlichen Füllhöhe: Je schwächer das Signal, desto höher der Flüssigkeitspegel – ergo die Kraft, die auf den Sensor einwirkt.
 
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Der passive mechanische Sensor ist absolut «Elektronik-frei»
 

Weitere Forschungen sind bereits geplant

Nicht nur liefert der Sensor verlässliche Werte, wie zahlreiche Versuche mit «künstlichem Gewebe» – eine Mischung aus Geliermittel, Glaskügelchen und Graphitpulver, mit der sich je nach Zusammensetzung verschiedene Gewebetypen modellieren lassen – ergaben; er ist auch günstig herzustellen, schlägt seine elektronischen Vorbilder in dieser Disziplin gar um Längen. Nun soll die Genauigkeit der Methode mit verschiedenen tierischen Geweben getestet werden, denn jede Gewebeart hat ihre akustischen «Eigenheiten», reflektiert und absorbiert den Ultraschall also unterschiedlich.

 

Ausserdem gehen die Empa-Forscher die Idee an, den Sensor aus bioabbaubarem Material herzustellen. Das heisst, der Sensor löst sich nach getaner Arbeit einfach auf. Der Chirurg müsste also kein zweites Mal zum Skalpell greifen, um den Sensor zu entfernen. Und schliesslich heisst es, einen Industriepartner zu finden, der den Sensor herstellt und in die Implantate einbaut.


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