Neue Materialien für nachhaltige Billigbatterien

Günstige Alu-Batterien rücken näher

30.04.2018 | FABIO BERGAMIN

Für die Energiewende braucht es Technologien, um Strom aus erneuerbaren Energiequellen kostengünstig zwischenzuspeichern. Eine vielversprechende neue Möglichkeit sind Aluminiumbatterien. Sie bestehen aus billigen und in grossen Mengen vorkommenden Rohstoffen.

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Die Forschenden stellten im Labor Aluminium-Knopfbatterien her. Das Batteriegehäuse ist aus Edelstahl, das innen mit Titannitrid beschichtet ist, um es korrosionsbeständig zu machen. (Bild: Empa / ETH Zurich)

Die Erforschung und Entwicklung von Batterien aus preiswerten Rohstoffen ist ein zentrales Thema von Maksym Kovalenko, dessen Forschungsgruppe zugleich an der ETH Zürich und im Empa-Labor für Dünnfilme und Photovoltaik beheimatet ist. Forscher dieser Arbeitsgruppe haben nun zwei neue Materialien gefunden, welche die Entwicklung von Aluminiumbatterien entscheidend weiterbringen könnten. Es handelt sich dabei einerseits um ein korrosionsbeständiges Material für die leitenden Teile der Batterie, andererseits um ein neuartiges Material für ihren Pluspol, das an vielfältige technische Anforderungen angepasst werden kann.

Aggressive Elektrolytflüssigkeit
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Funktionsschema der Aluminiumbatterien der Forschenden von ETH Zürich und Empa. (Bild: Advanced Materials 2018, bearbeitet)

Weil die Elektrolytflüssigkeit von Aluminiumbatterien äusserst aggressiv ist und beispielsweise rostfreien Stahl (sowie auch Gold und Platin) angreift, sind Wissenschaftler auf der Suche nach korrosionsbeständigen Materialien für die leitenden Teile solcher Batterien. ETH-Professor Kovalenko und seine Kollegen der Abteilung für Dünnfilme und Photovoltaik an der Empa sind in Titannitrid, einem keramischen Material mit ausreichend hoher Leitfähigkeit, fündig geworden. «Diese Verbindung besteht aus den sehr häufig vorkommenden Elementen Titan und Stickstoff und lässt sich einfach herstellen», erklärt Stephan Buecheler von der Empa.

Die Wissenschaftler haben im Labor erfolgreich Aluminiumbatterien mit leitenden Teilen aus Titannitrid hergestellt. Aus dem Material können auch dünne Filme hergestellt werden, und es eignet sich zur Beschichtung anderer Materialien. Daher wäre es laut Kovalenko auch denkbar, die Leiter aus einem herkömmlichen Metall herzustellen und sie mit Titannitrid zu beschichten oder gar Titannitrid-Leiterbahnen auf Kunststoff zu drucken. «Die möglichen Anwendungen von Titannitrid bleiben dabei nicht auf Aluminiumbatterien beschränkt. Das Material könnte auch in anderen Batteriearten eingesetzt werden, zum Beispiel in solchen, die auf Magnesium oder Natrium basieren oder in Hochspannungs-Lithiumionenbatterien», sagt Kovalenko.

Alternative zu Graphit
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Molekülstrukur von Polypyren (Bild: Advanced Materials 2018)

 

 

Das zweite neue Material verwendeten die Forscher für die positive Elektrode (Pluspol) von Aluminiumbatterien. Während die negative Elektrode (Minuspol) bei solchen Batterien aus Aluminium ist, besteht die positive Elektrode in der Regel aus Graphit. Kovalenko und seine Mitarbeiter haben nun ein neues Material gefunden, mit dem sich in einer Batterie ähnlich viel Energie speichern lässt wie mit Graphit. Es handelt es sich um Polypyren, einen Kohlenwasserstoff mit kettenförmiger Molekülstruktur. Insbesondere Materialproben, in denen sich die Molekülketten ungeordnet zusammenlagerten, erwiesen sich in Experimenten als ideal. «Zwischen den Molekülketten bleibt viel Platz. Die verhältnismässig grossen Ionen der Elektrolytflüssigkeit können daher gut in das Elektrodenmaterial eindringen und es laden», erklärt Kovalenko.

Zu den Vorteilen von Polypyren-haltigen Elektroden gehören, dass Wissenschaftler ihre Eigenschaften beeinflussen können, beispielsweise ihre Porosität. Das bietet die Möglichkeit, das Material optimal an die jeweiligen Anwendungen anzupassen. «Das bisher verwendete Graphit hingegen ist ein Mineral. Es lässt sich ingenieurtechnisch nicht verändern», so Kovalenko.

Sowohl Titannitrid als auch Polypyren sind biegsame Materialien und daher laut den Forschern für die Verwendung in sogenannten Pouch-Zellen (von einer flexiblen Folie umschlossenen Batterien) geeignet.

Informationen

Dr. Kostiantyn Kravchyk
Thin Films and Photovoltaics
Tel. +41 58 765 65 44
Kostiantyn.Kravchyk@empa.ch

Prof. Dr. Maksym Kovalenko
Thin Films and Photovoltaics
Tel. +41 58 765 45 57
Maksym.Kovalenko@empa.ch

Dr. Stephan Bücheler
Thin Films and Photovoltaics
Tel. +41 58 765 61 07
Stephan.Buecheler@empa.ch


Redaktion / Medienkontakt

Michael Hagmann
Kommunikation
Tel. +41 58 765 45 92
redaktion@empa.ch


Batterien für die Energiewende

Immer mehr Strom wird aus Sonnen- und Windenergie hergestellt. Weil Strom jedoch auch dann benötigt wird, wenn die Sonne nicht scheint und kein Wind bläst, werden neue Technologien nötig, um diesen Strom kostengünstig zwischenzuspeichern, beispielswiese neue Batterietechnologien. Die existierenden Lithiumionenbatterien sind wegen ihres geringen Gewichts zwar optimal für die Elektromobilität. Allerdings sind sie ziemlich teuer und daher nicht geeignet für eine wirtschaftliche ortsgebundene Zwischenspeicherung in grossem Umfang.

Ausserdem ist Lithium auf der Erde verhältnismässig rar und schwierig zu gewinnen, ganz im Gegensatz zu Aluminium, Magnesium und Natrium. Batterien, die auf einem der letzteren drei Elemente beruhen, gelten daher als vielversprechende künftige Möglichkeit der ortsgebundenen Stromspeicherung. Solche Batterien werden jedoch erst erforscht und sind noch nicht im industriellen Einsatz.


Weiterlesen

Wang S, Kravchyk KV, Filippin AN, Müller U, Tiwari AN, Buecheler S, Bodnarchuk MI, Kovalenko MV: Aluminum Chloride‐Graphite Batteries with Flexible Current Collectors Prepared from Earth‐Abundant Elements. Advanced Science 2018, 1700712, doi: 10.1002/advs.201700712
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/advs.201700712

Walter M, Kravchyk KV, Böfer C, Widmer R, Kovalenko MV: Polypyrenes as High-Performance Cathode Materials for Aluminum Batteries. Advanced Materials 2018, 1705644, doi: 10.1002/adma.201705644
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/adma.201705644

Medienmitteilung der ETH Zurich

Graphite flakes for aluminium chloride-graphite batteries (Spark Award 2017 video)

Preisgünstige Batterien aus Abfall-Graphit


Bilder

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