«Wasser ist zwar vorhanden, meist ist es aber entweder salzig oder verschmutzt», so Vayloyan. US-Forscher hätten vor kurzem eine Technologie entwickelt, Kohlenstoffnanoröhrchen zum Entsalzen von Meerwasser einzusetzen. Damit Entwicklungen wie diese möglichst schnell in die Praxis umgesetzt werden, «müssen Banken, Versicherungen, Industrie, Politik und die Wissenschaften zusammenspannen», sagte Vayloyan. «Wenn es uns gelingt, das Wissen aus der Forschung in die Wirtschaft zu überführen und die Geldgeber dabei auch noch profitieren , dann haben wir eine triple-win-Situation.» Um potenziellen Investoren den Zugang zur Nanotechnologie zu erleichtern, hat die Credit Suisse zu Beginn der Swiss NanoConvention 2007 den «Credit Suisse Global Nanotechnology Index» lanciert, der 20 global tätige Firmen umfasst, welche Nanotechnologie-Produkte anbieten. «Rückblickend über die letzten fünf Jahre hätte der Index jährlich um 14 Prozent zugelegt; das ist mehr als jeder andere Index, wie etwa der NASDAQ», bemerkte Giles Keating, Leiter des Global Research Private Banking und Asset Management der Credit Suisse. Daneben präsentierte Keating auch das Bewertungsmodell «WINS». Mit dem von der Credit Suisse entwickelten Modell lassen sich Nanotechnologie-Unternehmen, die oft weder über historische Daten noch über marktreife Produkte verfügen, über unterschiedliche Industrien hinweg systematisch, objektiv und reproduzierbar bewerten. Aber auch auf dem Gebiet der Energieversorgung werden nanotechnologische Methoden für enorme Fortschritte sorgen, sind sowohl Vayloyan als auch Whitesides überzeugt. Dies hat laut George Whitesides einen einfachen Grund: «Viele der neuen Energietechnologien funktionieren mittels Bausteinen im Nanometermassstab, etwa Solarzellen oder Brennstoffzellen.» Auch bei den elektronischen Speichermedien sieht der Harvard-Forscher eine deutliche Verbesserung dank Nanotech. «Wir werden massenweise Daten speichern können und das praktisch umsonst.» Dies berge aber auch eine Gefahr: eine mögliche Verletzung der Privatsphäre. «Jeder wird vollkommen durchsichtig, alle persönlichen Daten können erfasst werden», befürchtet Whitesides. Über dieses schwerwiegende Problem, das aus der Nanotechnologie resultiere, müsse sich die Gesellschaft Gedanken machen. Risiken lauern vor allem bei freien Nanopartikeln Im Fokus der Nanosicherheitsforschung sind derzeit dagegen vor allem freie Nanopartikel. Diese können, wenn sie eingeatmet werden, bis tief in die Lunge und von dort aus sogar in den Blutkreislauf eindringen, wie Peter Gehr von der Universität Bern anhand von Elektronenmikroskopieaufnahmen zeigte. Und gegen diesen Expositionsweg gäbe es kaum Schutz. «Wir können zwar vermeiden, mit Nano-Nahrungsmitteln oder Nano-Kosmetik in Berührung zu kommen, aber wir können nicht aufhören zu atmen», so Gehr. Die eingeatmeten Nanopartikel werden von Fresszellen des Immunsystems, so genannten Makrophagen, aufgenommen, welche die Lunge von Fremdkörpern säubern. Daneben gelangen sie aber sogar bis in die roten Blutkörperchen sowie in andere Immunzellen. In einem eindrücklichen Zeitraffervideo verdeutlichte Gehr, wie eine Makrophagenzelle Nanopartikel an eine andere Zelle des Immunsystems eine so genannte dendritische Zelle weitergibt. Gehr vermutet, dass diese Zellen dann das körpereigene Abwehrsystem alarmieren und eine Immunantwort gegen die Nanopartikel auslösen. Auch innerhalb der Zelle selbst bewegen sich Nanopartikel praktisch ungehindert. Gehrs Team fand winzige Polystyrolteilchen sogar im Zellkern und in den Mitochondrien, den Kraftwerken der Zelle. «Was dies bedeutet, wissen wir noch nicht», so Gehr. «Aber es ist möglich, dass sie im Zellkern Schäden an den Chromosomen verursachen könnten.» Weitere Untersuchungen sollen dies nun klären. Nanopartikel ist nicht gleich Nanopartikel Doch längst nicht alle Nanopartikel sind gesundheitsgefährdend. «Es wurde immer angenommen, dass Nanopartikel im Allgemeinen toxischer sind als grössere Teilchen der gleichen Substanz», erwähnte der Toxikologe David Warheit vom DuPont Haskell Laboratory for Health and Environmental Sciences in Newark im US-Bundesstaat Delaware. Dass dem keineswegs so ist, zeigte Warheit in Bern anhand von Untersuchungen an Ratten, die verschiedene Nanopartikel eingeatmet hatten. Fazit: Nicht alle Nanopartikel sind gleich toxisch. «Jede Art von Nanopartikel muss daher separat untersucht werden», so Warheit. Um die Untersuchung der Auswirkungen von Nanopartikeln auf Mensch und Umwelt zu vereinheitlichen und deren Risiko besser abschätzen zu können, hat Warheit vor kurzem in Zusammenarbeit mit der US-Umweltschutzorganisation «Environmental Defense» allgemein anwendbare Richtlinien erarbeitet. Das am 21. Juni 2007 vorgestellte «Nanorisk Framework» (www.nanoriskframework.com) zeigt, wie sich ein wirksames Risikomanagement für Nanomaterialien umsetzen lässt, und soll dadurch einen verantwortungsvollen Umgang mit Nanomaterialien sicherstellen. Gleichzeitig hat Warheit zehn toxikologische Tests zusammengestellt, nach denen künftig Nanopartikel untersucht werden sollten. Dabei werden etwa die Reaktion beim Einatmen der Nanopartikel, beim Aufbringen auf die Haut oder ins Auge, aber auch ihre Auswirkungen auf Algen, Wasserflöhe oder Fische untersucht. «Diese Tests sollten uns ein relativ verlässliches Risikoprofil der verschiedenen Nanopartikel liefern», äusserte sich Warheit zuversichtlich, der gleichzeitig Leiter des European Centre for Ecotoxicology and Toxicology of Chemicals ist. Auch in der Schweiz tut sich im Bereich Nanosicherheit einiges. Im Auftrag der Bundesämter für Umwelt (BAFU) und für Gesundheit (BAG) hat ein interdisziplinäres Projektteam, in dem auch die Empa vertreten war, soeben einen Grundlagenbericht zum Risikomanagement synthetischer Nanopartikel erarbeitet. Dieser ist die Basis für einen «Aktionsplan», den der Bundesrat so die Hoffnung der Bundesämter noch dieses Jahr verabschieden soll. «Ziel des Aktionsplans ist es, mögliche schädliche Auswirkungen der Nanopartikel zu minimieren und Gesellschaft und Wirtschaft vor Folgekosten beziehungsweise Fehlinvestitionen zu bewahren», sagte Georg Karlaganis vom BAFU. Zudem sei ein Konzept für ein Nationales Forschungsprogramm «Chancen und Risiken der Nanotechnologie» erarbeitet worden, über das vermutlich ebenfalls in der zweiten Jahreshälfte entschieden werde. Null Risiko gibt es nicht auch nicht bei Nanomaterialien Dass der Forschungsbedarf im Bereich Nanosicherheit immens ist, betonten auch etliche andere Teilnehmende der Swiss NanoConvention 2007. «Die Wissenslücken sind zum Teil enorm und müssen möglichst schnell geschlossen werden», sagte etwa Helmut Horn von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland BUND. Eine hundertprozentige Sicherheit wird jedoch auch dies nicht liefern denn die gibt es in keinem Bereich des Lebens. Daher müssten wir uns am Beispiel der Nanotechnologie unter anderem die Frage stellen, wie wir als Gesellschaft mit Unsicherheit umgehen, forderte der Empa-Forscher Lorenz Hilty. «Wir werden stets schneller darin sein, neue Technologien zu entwickeln, als diese auf sämtliche Auswirkungen zu untersuchen. Wir werden also lernen müssen, in und mit dieser Unsicherheit zu leben.» Die Nanotechnologie unterscheidet sich in diesem Punkt nicht von anderen innovativen Technologien der Vergangenheit. Gemäss Arie Rip von der Universität Twente riefen neue Technologien immer die gleichen gegensätzlichen Reaktionen hervor: Begeisterung und Ablehnung. «Das hat mit ihrer Neuheit zu tun; die neuen, unbekannten Technologien treten an die Stelle einer etablierten Ordnung. Und das kann der Mensch entweder begrüssen oder ablehnen», so der niederländische Experte für Technologiefolgen-Abschätzung. |