Innovation Day 2013 des Textilverbandes Schweiz

Der Stoff, aus dem Zukunftsträume sind

Sep 6, 2013 | VERA SIEBNICH
Am 29. August fand an der Empa in Dübendorf der diesjährige Innovation Day des TVS Textilverband Schweiz, Swiss Texnet, statt unter dem Motto «Textile Oberflächen – Funktion trifft auf Design». Einige Mitgliedsfirmen stellten ihre Zukunftsvisionen und bereits verwirklichten Ideen bei textilen Oberflächen vor. An einigen hat die Empa mitgewirkt.
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Sich austauschen zu können ist ein wichtiger Bestandteil des Innovation Day, dementsprechend war viel Zeit dafür reserviert.
 
Nach der Begrüssung durch Manfred Bickel, der die Tagung moderierte, führte Günter Grabher vom vorarlbergischen Textilunternehmen Grabher Group, welche als Pionier in der Plasma-Nano-Beschichtungs-Technologie gilt, die Anwesenden in die Welt der nanoskaligen textilen Oberflächen ein.
 
Niklaus Zemp von der Serge Ferrari AG stellte modifizierte Oberflächen vor, die dank besonders niedrigem Abstrahlungskoeffizient Wärme speichern können. Für die Development Never Stops GmbH, die textile Prototypen entwickelt, war Thomas Deutschenbaur anwesend. Er sprach über textile Grenzflächen und besonders über Funktionsdesign. Damit eine Funktion gezielt platzierbar sei, sollte sie eine eigene Fläche oder Form haben, so das Statement von Deutschenbauer. Eine etwas andere Sicht auf das Thema Textilien brachte Michael Burkhardt vom Institut für Umwelt und Verfahrenstechnik (UMTEC) der Hochschule für Technik Rapperswil. Dort suchte man in einem Projekt mit der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) und diversen Textilpartnern nach Alternativen zu Aktivkohle zur Entfernung von Mikroverunreinigungen aus Abwasser. Entwickelt wird ein billiger synthetischer Absorber, der ins Textilgewebe eingearbeitet werden kann.
 

 
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  Beim Rundgang an den Netzwerk-Cornern blieb Zeit für das ebenso wichtige Networking und die Teilnehmenden bekamen wieder einen Einblick, was die Partner von Swiss Texnet auf dem Bereich der textilen Forschung und Entwicklung tun und zu bieten haben.
 

 
Lukas Scherer, Leiter der Fachgruppe medizinische Textilien an der Empa, und Anja Schlisske von der Stickereifirma Forster Rohner AG stellten an der Empa entwickelte Leuchttextilien vor, deren Kern aus optischen Fasern besteht. Bei Leuchttextilien liegt der Fokus auf der Sensorik, etwa zur Überwachung von Körperfunktionen; sie können aber auch zur Therapie eingesetzt werden, wie beispielsweise der Lichttherapie von Frühchen. Scherer gab einen Überblick über die verschiedenen Möglichkeiten, wie Fasern zum Leuchten gebracht werden können. Die Empa entwickelte dazu ein neues Verfahren, bei dem die Fasern stark gebeugt werden, wodurch Licht austritt und die Fasern bzw. das Textil leuchtet. Die Herausforderung besteht für Scherer darin, die Fasern flexibel und kostengünstig zu machen. Ausserdem sollen sie künftig auch in der Lage sein, Licht einzukoppeln, also zu speichern. Eine solche Eigenschaft könnte in der Medizin hilfreich sein, zum Beispiel beim Überwachen der Durchblutung oder von Wundheilungsprozessen. Ein grosses Ziel bleibt es in jedem Fall, die «Textilbarkeit» der Fasern zu erhöhen, um sie leichter ins Endprodukt einarbeiten zu können. Auch Anja Schlisske ist überzeugt, dass elektronische Textilien in Zukunft immer wichtiger werden. Bereits dieses Jahr hat Forster Rohner daher die ersten Produkte mit Leuchtfasern auf den Markt gebracht.
 
Andrea Weber Marin und Isabel Rosa Müggler von der Hochschule Luzern (HSLU) präsentierten zusammen mit Jan Zimmermann von der Forster Rohner AG die sogenannte «e-broidery»-Technologie. Diese macht es möglich, LEDs in Textilien einzuarbeiten, ohne dass die textilen Eigenschaften verloren gehen.
 
Den Vortragsreigen schloss Ralf Studer von der schweizerischen Textilfachschule. Er nannte unter anderem den an der Empa entwickelten Goldfaden als Beispiel dafür, dass Designer heutzutage dank neuer Technologien so viele Möglichkeiten wie nie zuvor hätten. Denn durch neue Materialien könnten immer wieder neue Oberflächen entstehen.
 
TVS-Direktor Peter Flückiger, versicherte den Anwesenden, dass der Verband weiterhin nah bei den Mitgliedern sein werde. Innovation sei ein Schlüsselfaktor für die Schweizer Textil- und Bekleidungsindustrie, deswegen seien Veranstaltungen wie der Innovation Day sehr wichtig.
 

 
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  Lukas Scherer von der Empa erklärt das Prinzip der Leuchttextilien
 

 
Dass die Veranstaltung mit mehr als 250 Teilnehmenden zum wiederholten Mal an der Empa stattfand, ist kein Zufall, denn immer noch entstehen hier in enger Zusammenarbeit mit der Industrie Weltneuheiten im Textilbereich. Das bestätigt René Rossi, Leiter der Abteilung «Schutz und Physiologie»; der Empa-Forscher stellte die Initiative MEDTEX vor, in deren Rahmen momentan an mehreren Produkten gearbeitet wird. Rossi stellte ein neues Finanzierungsmodell vor, das unter anderem den Geldgebern Sonderrechte bei Neuentwicklungen und Patenten einräumt.
 
Fazit der Tagung: Es gibt im Textilbereich immer noch genug Platz für Innovation, und die Empa wird auch in Zukunft ihren Teil dazu beitragen.

Autorin: Vera Siebnich
 
 


 
Empa bei Textilforschung führend
Die unabhängige niederländische Beraterfirma noéton texrank hat kürzlich europäische Textilforschungsinstitute verglichen und ein Ranking erstellt. Bei den anwendungsorientierten Forschungsinstituten erreichte die Empa dabei den Spitzenplatz – mit dem Vermerk, dass sie nicht nur jedes Jahr am meisten Publikationen veröffentlicht, sondern diese auch besonders hochwertig sind. Deshalb kann sie selbst mit Universitäten mithalten, die um einiges grösser sind, und einige sogar in den Schatten stellen. Der Empa wird attestiert, aussergewöhnliche Leistungen («an outstanding record») erbracht zu haben. Im Gesamt-Ranking erreichte die Empa den hervorragenden zweiten Platz, knapp hinter der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Die bahnbrechenden Entwicklungen, die an der Empa gemacht werden, werden also auch von der Europäischen Seite anerkannt.
 

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